Fasching als die Möglichkeit in andere (Geschlechter-)Rollen zu schlüpfen, meinen die Kinderfreunde Oberösterreich.

Foto: Robert Newald

Die sechsjährige Luisa hat seit einigen Monaten den Plan, Polizeichefin zu werden. Daher zieht sie in der Faschingszeit die vermeintlich männliche Uniform der Staatsgewalt über und gibt auch außerhalb der vier Wände einige Funksprüche über ihr Walkie-Talkie durch. Geht es nach den Kinderfreunden Oberösterreich, ist das Polizistinnen-Outfit gut. Das BZÖ hingegen meint, das sei "Krieg gegen Faschingsprinzessinnen".

Die SPÖ-nahe Kinderbetreuungseinrichtung ist sich sicher: Der Fasching bietet Kindern die Möglichkeit, sich in neuen Rollen auszuprobieren und Geschlechtergrenzen zu überspringen. "Verkleiden, wie es mir gefällt - nicht nur Prinzessin oder Held", plakatieren die Kinderfreunde deshalb schon seit Jänner in Oberösterreich. Der Fasching sei die Zeit des Ausprobierens anderer Verhaltensweisen, sagt Bernd Dobesberger, Landesvorsitzender der Kinderfreunde OÖ.

Kein Witz

In den österreichischen Mainstream-Medien ist die Botschaft jedoch vollkommen anders angekommen. "Pink-Verbot für Faschings-Prinzessinnen", titelte das Wochenmagazin "News" vergangene Woche und meinte gar, dass "Pinkifizierung nach einer ansteckenden Kinderkrankheit klingt". Die Tageszeitung "Österreich" wiederum schrieb: "Kein Witz: Kinderfreunde für Prinzessinnen-Verbot", und auch die "Krone" ließ die LeserInnen wissen, dass die Kinderfreunde ein "Pink-Verbot für Prinzessinnen bei Faschingsfesten für Kinder" fordern würden.

"Krieg gegen Faschingsprinzessinnen"

Dem aber nicht genug: Das BZÖ wirft der SPÖ in einer Aussendung vor, einen "Krieg gegen Faschingsprinzessinnen" zu führen, und der Familienbund meint, Faschingsfeste seien der falsche Ort, um Rollenbilder aufzubrechen. Man solle den "Kindern die Freude am Kindsein nicht nehmen", so Familienbund-Präsident Bernhard Baier. Und der Obmann der Kinderwelt lässt via "News" ausrichten, dass er "als Christ seine Kleine weiter wie ein Mädchen kleiden wird". Auf eine Aussendung der FPÖ, in der Carmen Gartelgruber den Kinderfreunden "Kindesmissbrauch" vorwirft, zeigt sich der Bundesgeschäftsführer der Kinderfreunde, Jürgen Wutzlhofer, empört: Es sei "ein weiterer Beweis dafür, dass es außer geschmackloser Vergleiche und dumpfer Polemik von der FPÖ nichts zu erwarten gibt".

Mit dieser reaktionären Berichterstattung haben die Kinderfreunde OÖ nicht gerechnet. "News, Kronenzeitung und Heute haben aus unserer Kampagne ein 'Pink-Verbot' für Faschingsfeste konstruiert", so die Sprecherin der Kinderfreunde OÖ, Susanne Pollinger. Dass das Angebot zu mehr Offenheit zu einem Verbot umgedichtet wurde, sei "mehr als absurd".

Konservative Kräfte könnten in Österreich mit einer fortschrittlichen Auseinandersetzung zu Geschlechterrollen nicht umgehen. Die Kinderfreunde kritisieren außerdem, dass nun auch Parteien versuchen würden, aus der Aktion politisches Kapital zu schlagen. Die Länderorganisation will sich aber von der kontroversiellen Diskussion nicht einschüchtern lassen, sondern sieht sie als Aufforderung, sich "weiterhin für mehr Offenheit in Geschlechterfragen einzusetzen".

Gegen Konsum- und Konformitätszwang

Gegen Konsum- und Konformitätszwang kampagnisieren die Kinderfreunde OÖ schon seit längerer Zeit. Im November etwa plakatierten sie "Spielen wie es mir gefällt – nicht nur Prinzessin oder Held". Damit wollten sie Kindern und Eltern zeigen, dass ein (Spiel-)Verhalten und Kleidung abseits der Geschlechternormen positiv für eine offene Gesellschaft seien, in der Frauen und Männer gleiche Chancen bekommen. (eks, dieStandard.at, 6.2.2013)