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Beppe Grillo geht auf "Tsunami-Tour".

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Er bloggt auch auf Japanisch.

Foto: www.beppegrillo.it/japanese/

Beppe Grillo ist die große Anomalie unter Italiens Wahlkämpfern. Die Plätze größerer Städte, die seine Konkurrenten meiden, füllt er mühelos. Er ist weder Kandidat noch Vorsitzender einer Partei, aber die unbestrittene Führungsfigur des von ihm gegründeten Movimento 5 stelle.

Seine Auftritte gestalten sich als eine Mischung aus Kabarett, Polit-Propaganda und Öko-Lehrstunde. Er gestikuliert, brüllt, schnaubt, übergießt seine Gegner mit Häme und Spott, rechnet ab mit der verhassten "casta". "Schickt sie heim, diese Versager", schreit er in die Menge. Mit scheinbar unerschöpflicher Energie nutzt der 65-Jährige seine langjährige Erfahrung als Schauspieler und Komiker.

Seine "Tsunami-Tour" führt ihn quer durch die Halbinsel mit mehreren Auftritten täglich. Am Donnerstag stehen Triest und Udine auf dem Programm. Alle Wahlveranstaltungen können live auf Grillos Website verfolgt werden. 

Am 22. Februar beendet er die Tour mit einem Novum: einer Großkundgebung auf der Piazza San Giovanni in Rom, historischer Schauplatz linker Demonstrationen. Um den weiträumigen Platz vor der Lateranbasilika einigermaßen zu füllen, sind mindestens 200.000 Menschen erforderlich. Im Wahlkampf will der Komiker mit einer zweiten Neuheit aufwarten: einem Auftritt im stets verabscheuten Fernsehen. Erst vor wenigen Wochen hatte er eine Regionalratsabgeordnete seiner Bewegung mit rüden und sexistischen Tönen abgekanzelt, weil sie eine Einladung zu einer Talkshow der RAI angenommen hatte. Doch jetzt, wo es um Stimmen geht, scheint Grillo auch bereit zu sein, Prinzipien über Bord zu werfen.

Nach Hochrechnungen könnte die Fünf-Sterne-Bewegung mehr als 50 Abgeordnete in die Kammer entsenden - mit Sicherheit die jüngste Mannschaft im Parlament. "Keine Olympiasieger, keine Bankdirektoren, keine Fußballer - alles ganz normale Leute", versichert Grillo mit populistischer Verve. "Wir wünschen uns eine Mutter von drei Kindern als Finanzministerin - die weiß, was sparen heißt."

Grillos Blog ist der meistgelesene Italiens - mit englischer und japanischer Version. Die Schwerpunkte seines Programms: Bürgernähe, Privilegienabbau, Nachhaltigkeit. Etliche seiner Programmpunkte sind mit der Verfassung unvereinbar, etwa die Obergrenze von 5.000 Euro für Pensionen. Wenn Grillos schillernde Rhetorik auf der Großkundgebung und bei seinem TV-Auftritt nicht zu stark entgleist, könnte sich seine Bewegung der 20-Prozent-Marke nähern. (Gerhard Mumelter, derStandard.at, 7.2.2013)