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Facebook zu verweigern ist im Alltag oft gar nicht so einfach.

Foto: APA

Das soziale Netzwerk Facebook hat mehr als eine Milliarde User. Eine beachtliche Zahl angesichts einer Weltbevölkerung von etwas mehr als sieben Milliarden. Facebook ist so gegenwärtig und präsent wie kaum ein anderer Online-Dienst. Seien es Plastikflaschen, Jausensackerl, Einkaufstaschen oder Visitenkarten: Das blaue Facebook-Logo springt einem von überall ins Gesicht. Auch aus TV- und Print-Werbung ist das blaue "F" kaum mehr wegzudenken.

Nur wenige nehmen Abstand

Unternehmen investieren enorme Beträge, um ihre Präsenzen im Netzwerk zu optimieren, sich darzustellen und sich von anderen abzuheben. Ein Umdenken in den Unternehmen musste her, schließlich kann der Konsument jetzt plötzlich frei seine Meinung über das Unternehmen äußern. Dass dies besser unter Anleitung des Unternehmens selbst passiert, dessen sind sich die auf Facebook aktiven Unternehmen sicher. Ob es ihnen tatsächlich etwas bringt, ist schwer in Zahlen zu fassen, weshalb einige Unternehmen davon auch immer noch Abstand nehmen.

Einfach und unkompliziert

Doch im privaten Bereich ist es in eurpäischen und US-amerikanischen Kreisen äußerst selten, Menschen in bestimmten Altersgruppen zu treffen, die das Netzwerk bewusst meiden. In der Altersklasse ab 50 Jahren wundert man sich hingegen weniger. Diese Menschen haben weniger Kontakt mit dem Internet und sozialen Netzwerken. Aber auch in dieser Gruppe gibt es häufig Ausnahmen. Großmütter nutzen das Internet, um mit ihren Enkelkindern und Kindern in Kontakt zu bleiben. Facebook ist dafür ein geeignetes Tool, weil es einfach zu erlernen ist und unkompliziert funktioniert.

Bewusste Entscheidung

Wirft man einen Blick unter die "Jüngeren", wird man schnell merken, dass Facebook dort wohl am meisten etabliert ist. Von den 40-Jährigen abwärts ist Facebook eine "conditio sine qua non", ohne die wortwörtlich "nichts mehr geht".

Doch auch hier gibt es Menschen, die sich bewusst gegen die Nutzung von Facebook entscheiden. Als internetaffiner Mensch mit Sozialleben ist es nicht unbedingt immer einfach, Facebook zu widerstehen. In Kontakt bleiben mit den Menschen, die man gern hat, kann man auch ohne Facebook. Aber zu wissen, was Bekannte oder Freunde von früher in ihrem Leben machen, das macht den Reiz für die meisten wohl aus. Zudem ist Facebook ein guter Veranstaltungsmanager. Man wird eingeladen, sagt ab oder zu und wird auch an Veranstaltungen erinnert. Doch was machen Menschen, die dem allen nicht beiwohnen können, weil sie einfach keinen Account auf Facebook haben?

Die Gründe

Hier muss man zuerst fragen, warum sich jemand gegen Facebook entscheidet. Viele probieren es aus, lassen es doch nach einiger Zeit aber bleiben. Andere hingegen fangen mit dem "Netzwerken" erst gar nicht an. Wir haben WebStandard-Leserinnen gebeten, uns ihre Gründe zu verraten, und haben ein Spiegelbild dessen bekommen, was man auch auf der Straße von Facebook-Abstinenten zu hören bekommen könnte.

Größtes Problem: Der Datenschutz

Sehr häufig wird von den Betroffenen angegeben, dass sie das Unternehmen unsympathisch finden und dessen Umgang mit Datenschutz  bedenklich finden. Auf Datenschutz und Privatsphäre wollen die wenigsten der Anti-Facebooker verzichten, sie wollen lieber die Kontrolle über ihre Daten behalten. Gestört fühlen sich einige auch davon, dass die Firme ihren Hauptsitz in den USA hat und somit der US-Jurisdiktion unterliegt. Viele geben auch an, dass ihnen die Plattform zu unübersichtlich sei und zu viel Werbung vorhanden ist. Erstaunlich ist auch, dass sehr viele angegeben haben, dass es auf Facebook zu viel sinnlose und unnütze Information gebe. Man wolle gar nicht so viel wissen, wie dort von manchen gepostet wird, so einige Aussagen. Gründe gibt es also viele und die Entscheidungsfreiheit ist gegeben. Doch wie frei entscheidet man tatsächlich?

Zum Account "genötigt"

Einige LeserInnen gaben an, dass sie schon einmal zu einem Account "genötigt" worden seien, diesen jedoch nach einiger Zeit wieder gelöscht haben. Scheinbar wollen Facebook-User auch andere User auf die Plattform bringen. Der simpelste Grund für dieses Vorgehen ist vermutlich die Einfachheit der Kommunikation. Facebook-Verweigerern ist "persönliche" Kommunikation indes um einiges lieber. Ohne Facebook ist man teilweise sogar benachteiligt: Party-Einladungen, Gewinnspiele oder große Momente im Leben anderer können nicht geteilt werden. Unter den Antwortenden gab es nur sehr wenige Leser, die mit einem "nein" die Frage beantworteten, ob sie sich ohne Facebook-Account schon einmal benachteiligt gefühlt haben. Ein Leser meint sogar: "Eine künstliche Zentralisierung der Kommunikation über einen kommerziellen Anbieter ist eine Beschädigung dessen, was das technisch inhärent dezentrale Internet eigentlich ausmacht."

Die Nachteile

Als Nachteil wird von vielen empfunden, dass man über Neuigkeiten im Freundeskreis sehr später informiert wird und "nichts mitbekommt". Bei Partys oder Treffen müssten einige Facebook-Abstinenten explizit nachfragen, da sie kaum über solche Veranstaltungen informiert werden. Dennoch sind sich viele sicher, dass ein Leben ohne Facebook möglich ist. Einige geben an, dass es schwierig werden könnte, wenn wirklich der gesamte Freundeskreis dort präsent ist. Anderen hingegen ist es egal, was die Freunde posten. Sie wiederum meinen, dass "seit zwei Jahren auf Facebook nichts Wichtiges mehr passiert ist". Viele empfinden es sogar als "Frechheit", dass Unternehmen Informationen teilweise nur über Facebook ausspielen und das Netzwerk eine so zentrale Rolle eingenommen hat.

Insel der Seligen

Sogar in Unternehmen ist Facebook oft Voraussetzung. Wer mitreden möchte oder über Neuigkeiten in der Firma informiert werden will, muss sich oft einer internen Gruppe anschließen, in der diskutiert oder informiert wird. Das ist für viele ein großes Problem. Wer ohne Facebook lebt, ist eben nicht immer auf der Insel der Seligen. Auf der Insel des Datenschutzes vielleicht. Doch wie lange das anhält, ist allerdings nicht absehbar. Mehr als die Hälfte der LeserInnen gibt an, dass Facebook ohnehin "den Zenit überschritten" hätte und sie keinen Sinn darin sehen würden, sich auf einem sinkenden Schiff aufzuhalten. Auf Twitter oder Google+ wollen die meisten allerdings dann doch nicht verzichten. (iw, derStandard.at, 6.2.2013)