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Kinderwagen dürfte es zum gepflegten Transport des Nachwuchses wohl noch länger brauchen.

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Nicht erst seit gestern bildet sich gesellschaftlicher Wandel auch an gelebten Familienkonstellationen ab. Das von konservativer Seite gerne in Anschlag gebrachte Ideal der "Kernfamilie" - bestehend aus Mann und Frau (natürlich verheiratet!) mitsamt leiblichem Nachwuchs, diese Kernfamilie also findet sich seit den 60er Jahren immer seltener. Zumindest für die OECD-Länder lässt sich dieser Trend statistisch belegen.

Was das für die Zukunft der Familie heißen könnte, haben die Autorinnen und Autoren des OECD-Berichts "Future of Families to 2030" analysiert. Auf 279 Seiten legen sie dar, wie es in 20 Jahren um die Familie bestellt sein könnte. Adepten der Kernfamilie sei von der Lektüre abgeraten: Sie erweist sich auf Basis der zusammengetragenen Zahlen eher als Auslauf- denn als Zukunftsmodell.

Mehr Alleinerziehende

"Die traditionelle Familienkonstellation aus verheirateten Eltern mit Kindern wird seltener", schreiben die Autorinnen und Autoren. Dagegen wachse die Zahl der Scheidungen und jener Paare, die zwar zusammen sind, aber nicht zusammen wohnen. Außerdem gebe es immer mehr Alleinerziehende und gleichgeschlechtliche Partnerschaften.

Fast jedes zehnte Kind in OECD-Ländern lebt heute laut dem Bericht in einer Patchwork-Familie, etwa 15 Prozent in einem Alleinerzieher-Haushalt. Immerhin jedes 15. Kind wächst mittlerweile bei seinen Großeltern auf.

Österreich: Klarer Trend zur Kinderlosigkeit

In jedem zweiten Haushalt in fast allen OECD-Ländern gibt es dem Bericht zufolge heute gar keine Kinder mehr. Dieser Trend werde weiter anhalten. Für Österreich prognostizieren die Studienautoren, dass die Zahl der Partnerschaften ohne Kinder bis zum Jahr 2030 um rund 28 Prozent zunehmen wird. Damit sei der Trend zur Kinderlosigkeit in Österreich innerhalb der OECD besonders deutlich - neben Deutschland und Japan. Im Jahr 2030 werden außerdem rund 40 Prozent aller Haushalte in Österreich Single-Haushalte sein, jede dritte Familie mit Kind(ern) wird ein Alleinerzieher-Haushalt sein.

Weniger Ehen, mehr Scheidungen

"Kamen im Jahr 1970 auf 1.000 Menschen noch acht Eheschließungen in OECD-Ländern, waren es im Jahr 2009 nur mehr fünf", schreiben die Autoren. Im gleichen Zeitraum habe sich die Zahl der Scheidungen verdoppelt. Im Jahr 2007 wurden dreimal so viele Kinder in unverheiratete Beziehungen hineingeboren wie noch 1980.

Die Autorinnen und Autoren der Studie sehen die Entwicklungen zur Zukunft der Familie im Kontext allgemeiner gesellschaftlicher Entwicklungen: So werde Migration zu einer Diversifizierung von kulturellen Werten und Familienbildern beitragen. Immer mehr Frauen würden einer bezahlten Arbeit nachgehen, die Ausbildungszeiten junger Menschen werden länger, die Lebenserwartung steige und viele alte Menschen leben heute alleine.

All das wirke sich auf die Themen Wohnen, Pensionen, Gesundheit und Pflege aus, auch der Arbeitsmarkt, Bildungsfragen und öffentliche Investitionen bleiben davon nicht unberührt. Außerdem verschiebe sich die Erwartung, die Menschen an das Familienleben und ihre Partner stellen.

Neue Zugänge zu Solidarität?

"Wir werden immer mehr Netzwerke zwischen Familienmitgliedern sehen, die durch unterschiedliche Ehen, Partnerschaften und über Generationen hinweg lose verbunden sind", schreiben die Studienautoren. Daraus würden neue Zugänge zu den Themen Zusammenhalt und Solidarität entstehen. "Wachsende, immer besser integrierte ethnische Communitys werden außerdem dazu beitragen, dass ihre Familienwerte langsam in die Mainstream-Gesellschaft einsickern."

Einflussfaktoren ändern sich langsam

Man sollte sich bewusst machen, dass es sich bei ihren Berechnungen um Prognosen und nicht um verlässliche Vorhersagen handelt, notieren die Autorinnen und Autoren selbstkritisch. Die Zahlen würden auf Thesen basieren - über soziale Trends, gesellschaftliche Werte, allgemeine Verhaltensmuster und wirtschaftliche Rahmenbedingungen.

"Unsere Prognosen können daher nicht als absolute Wahrheit gesehen werden", heißt es. Viele Faktoren, die die Zukunft von Familie beeinflussen, wie etwa Geburtenraten, demografische Entwicklungen und gesellschaftliche Werthaltungen, würden sich allerdings nur sehr langsam verändern. "Was nicht darauf hinweist, dass sich der eingeschlagene Trend in den nächsten 15 bis 20 Jahren radikal umkehren dürfte." (Lisa Mayr, derStandard.at, 5.2.2013)