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Sportminister Darabos (SPÖ), hier mit ÖSV-Chef Schröcksnadel und Alpen-Rocker Gabalier, darf in Schladming kraft seines Amtes kostenlos in jeden VIP-Bereich.

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Christian Manquet: "Bei Eintrittskarten als Dankeschön wird es happig."

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Wien - Der Leiter der neuen nationalen Antikorruptionsplattform, Christian Manquet, erklärt im STANDARD-Interview, dass es 2013 Erleichterungen im österreichischen Bankgeheimnis für die Ermittlungsarbeit von Strafverfolgungsbehörden geben soll. Anlass dafür ist ein aktueller OECD-Bericht zur Korruption, der an Österreichs Bankgeheimnis rüttelt.

Manquet, auch Leiter der Strafrechtsabteilung im Justizressort: "Konkret richtet sich die Kritik gegen die rechtlichen Hürden für die Ermittler, um bei einem Strafverfahren rasch an Informationen zu kommen, die die Geldinstitute aber oft zurückhalten. Das wird heuer einer der Hauptpunkte sein, die wir angehen müssen."

Ziel ist, dass künftig vor allem fragwürdige Geldflüsse über Briefkastenfirmen leichter aufgespürt werden können. Manquet zu entsprechenden Kontoöffnungen: "Jetzt geht es primär darum, die Verfahrensabläufe zu optimieren. Zu diesem Zweck ist schon im März ein Treffen mit den Bankenvertretern geplant."

STANDARD: Die halbe Politik und Geschäftswelt ist derzeit in Schladming anzutreffen und am Donnerstag am Opernball. Frage an den Regierungsbeauftragten zur Korruptionsbekämpfung: Was ist beim Besuch dieser Spektakel seit heuer das wichtigste No-Go?

Manquet: Für Minister und Landeshauptleute, also Spitzenamtsträger, die keinem Dienstrecht unterliegen, gilt: Sie dürfen nach dem neuen Korruptionsstrafrecht nur mehr kleine Geschenke und Aufmerksamkeiten entgegennehmen - wie übrigens auch alle anderen Amtsträger bisher schon.

STANDARD: Präsente bis zu hundert Euro sind immer noch erlaubt - das sind doch keine Kleinigkeiten?

Manquet: Das ist aber schon das absolute Maximum! Bei Geschenkannahmen geht es freilich stets auch um den Einzelfall. Gemäß einer Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unter Hinweis auf die orts- oder landesüblichen Aufmerksamkeiten geringen Werts ist es Beamten wie Polizisten oder Zöllnern etwa untersagt, auch nur fünfzig Euro anzunehmen. Für diese Berufsgruppen sind gar keine "Trinkgelder" vorgesehen.

STANDARD: Für Schladmings VIP-Zelte kosten die Eintrittskarten zwischen 250 und 5000 Euro. Müssten sich Regierungsmitglieder und Landeshaupleute diese Tickets nicht allesamt selber zahlen oder das Geld aus ihrer eigenen Repräsentationskassa entnehmen?

Manquet: Hier eine Empfehlung auszusprechen steht mir nicht zu. Generell ist dazu aber zu sagen: Wenn eine solche Eintrittskarte als Dankeschön gedacht ist, für irgendeine Erledigung, für irgendeine Bewilligung oder für irgendeine Genehmigung, dann wird es happig, denn das wäre strafbar - ebenso, wenn ein Amtsträger in seiner Tätigkeit beeinflusst werden soll. Wenn der Besuch eines VIP-Zelts allerdings eine repräsentative Aufgabe erfüllt, also rein dienstliches Interesse an der Teilnahme besteht, ist das zulässig - und ebenso, wenn das Ganze eine private Visite wäre.

STANDARD:Die neuen Antikorruptionsbestimmungen betreffen eine halbe Million Politiker und Beamte, dazu die Mitarbeiter von öffentlichen und halböffentlichen Unternehmen. Haben Sie den Eindruck, dass alle schon das Anfütterungsverbot intus haben?

Manquet: Ich denke, darüber müsste jetzt Klarheit bestehen, weil das Gesetz ja schon im Sommer beschlossen worden ist - und sich die Politiker seitdem darauf einstellen konnten, ebenso wie die Unternehmen mit internen Compliance-Regeln. Falls dennoch Zweifel bestehen: Auf der Homepage des Justizressorts gibt es dazu eine detaillierte Fibel.

STANDARD: Der OECD-Bericht zur Korruption rüttelt an Österreichs Bankgeheimnis, weil das die Ermittlungen erschwert - was ist nun zu tun?

Manquet: Konkret richtet sich die Kritik nicht gegen das Bankgeheimnis, sondern gegen die rechtlichen Hürden für die Ermittler, um bei einem Strafverfahren rasch an Informationen zu kommen, die die Geldinstitute aber oft zurückhalten. In einem Rechtsstaat muss aber gewährleistet bleiben, dass man gegen die Anordnung von Kontenöffnungen auch Rechtsmittel einlegen kann. Also haben wir von der OECD den Auftrag, zu prüfen, ob es rechtsstaatlich verträgliche sowie verfassungskonforme Mittel gibt, hier für die Strafverfolgungsbehörden Erleichterungen zu schaffen - das wird heuer einer der Hauptpunkte sein, die wir angehen müssen.

STANDARD: Wie und wann konkret?

Manquet: Bereits in der Vergangenheit hat es diverse Anläufe gegeben, vor allem bei den gesetzlichen Voraussetzungen. 2010 wurde die Kontenöffnung auch zum Zwecke der Aufklärung leichterer Straftaten ermöglicht, seit einer Änderung im Vorjahr kann auch gezielt nach Verbrechensgewinnen gesucht werden. Jetzt geht es primär darum, die Verfahrensabläufe zu optimieren, um fragwürdige Geldflüsse - wie etwa über Briefkastenfirmen - besser aufspüren zu können. Zu diesem Zweck ist schon im März ein Treffen mit den Bankenvertretern geplant.

STANDARD: Ein anderer Kritikpunkt der Industriestaatenorganisation lautet, dass vom Justizressort "subtiler Druck" in sensiblen Polit-Causen ausgeübt wird. Ihre Ressortchefin Beatrix Karl (ÖVP) will aber keinesfalls ihr Weisungsrecht abgeben - was halten Sie davon?

Manquet: Im internationalen Vergleich ist unser Weisungsrecht sehr transparent geregelt - damit informell eben nichts passieren kann, müssen die Weisungen schriftlich erfolgen und in den jeweiligen Akt hinein. Alles ist so weit wie möglich nachvollziehbar und kontrollierbar.

STANDARD: Müssen Sie das jetzt so sagen - oder ist das tatsächlich auch Ihre Meinung als Mitglied der OECD-Arbeitsgruppe gegen Bestechung?

Manquet: Das ist meine eigene Einschätzung. In der OECD-Arbeitsgruppe bin ich zwar Mitglied, aber ich habe kein Stimmrecht, wenn es um Österreich geht. Im Detail lautet die Empfehlung der OECD ja, zu prüfen, ob man nicht noch irgendwas tun kann, um beim Weisungsrecht jede Anrüchigkeit auszuschalten - aber vom Prinzip her gilt für den Europarat wie für die OECD, dass es schon okay ist, dass unsere Anklagebehörde den Justizminister an der Spitze hat.

STANDARD: Als Leiter des Koordinierungsgremiums gegen Korruption müssen Sie auch alle Gebietskörperschaften zur Disziplin anhalten. Die Regierung hat ein Transparenzpaket geschnürt - was ist in den Ländern und Gemeinden noch zu tun?

Manquet: Das ganze Korruptionsstrafrecht richtet sich ja nicht nur an Bundesbeamte, sondern auch an Landes- und Gemeindebedienstete. Es geht aber nicht nur darum, an andere Gebietskörperschaften Verpflichtungen weiterzutragen, sondern auch um Austausch, also Best Practices rückzumelden. Wenn ein Land etwa ein bestimmtes Modell erfolgreich angewendet hat, könnte sich auch der Bund ein Scheibchen abschneiden. Und meine Aufgabe ist es auch, zu schauen, wie die neuen Korruptionsbestimmungen anlaufen, ob sie in der Praxis greifen und ob sie die Erwartungen des Gesetzgebers auch erfüllen. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 6.2.2013)