Wo endet am Arbeitsplatz der harmlose Witz, und wo beginnt die sexuelle Belästigung? Diese Frage, durch die Affäre rund um den FDP-Politiker Rainer Brüderle zum Politikum geworden, lässt sich nicht immer leicht beantworten, sagt der Arbeitsrechtsexperte Stefan Köck von der Sozietät Freshfields. Eines sei allerdings klar: "Die Definition der sexuellen Belästigung geht viel weiter, als man glaubt", betont Köck. "Sie beinhaltet die Schaffung einer feindseligen Atmosphäre und inkludiert Dinge, die objektiv harmlos sind."

Bemerkungen, die "unerwünscht, unangebracht oder anstößig" sind, gelten laut Gleichbehandlungsgesetz bereits als klagbar, wenn sie einschüchternd oder demütigend wirken und dadurch ein negatives Arbeitsumfeld schaffen, betont Köck. Bei einer Verurteilung hat das Opfer Anspruch auf mindestens 1000 Euro Schmerzensgeld, dazu können Vermögensschäden kommen, wenn etwa die Karriere durch Sexismus behindert wird.

Reicht eine Bemerkung?

Vor allem das Kriterium "unerwünscht" lässt sich weit auslegen, wobei aber eine einmalige Bemerkung, etwa bei der Weihnachtsfeier, nicht für eine Verurteilung reicht, glaubt Köck. Die Betroffene müsse ihren Unmut zumindest einmal kundtun. Gravierender Verbal-Sexismus aber könne schon beim ersten Mal Konsequenzen haben. Im Extremfall hätte die Mitarbeiterin auch ein Recht auf einen Austritt; eine Kündigung nach einer Klage sei hingegen kaum möglich, weil dies ein verpöntes Motiv darstellen würde.

In Arbeitsrechtsschulungen spielt sexuelle Belästigung eine immer größere Rolle, sagt Köck. "Tut es nicht, ist meine Botschaft an alle Männer. Einfach nicht nahekommen." In Deutschland gibt es - anders als in Österreich - eine verpflichtende Gleichbehandlungsschulung. Allerdings laufe die meist online ab und sei daher nicht immer wirkungsvoll. (Eric Frey,  DER STANDARD, 6.2.2013)