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Erstmals ganz oben: Tina Weirather...

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...lässt die Zweifel hinter sich.

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Die Liechtensteinerin am Weg zum Sieg.

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Mit dem Sieg im Super-G von Garmisch-Partenkirchen hat Tina Weirather eine Premiere gefeiert: Erster Triumph im Weltcup. Mit Startnummer 3 gewann die 23-jährige Liechtensteinerin vor der slowenischen Weltmeisterin Tina Maze (+0,12) und der zeitgleichen Julia Mancuso. Im Ziel brach es so gleich aus ihr heraus: "Es ist unglaublich, hier und jetzt zu gewinnen. Die letzten Monate waren sehr hart für mich, ich war in einem großen Tief."

Triumph im 74. Rennen

Weirather ist die erste Liechtensteinerin überhaupt, die einen Super-G gewann und die erste Siegerin aus dem Fürstentum seit Birgit Heeb (Riesentorlauf 2002 in Park City). Gedauert hat es eine Weile für Weirather um ganz oben auf dem Podium zu stehen, genau genommen 74 Weltcup-Rennen. Daraufhin gearbeitet hat sie freilich ihr Leben, auch wenn ihre Karriere als Rennfahrerin bereits vorbei schien.

Als Tina Weirather durch den Tiefschnee saust, ohne Stöcke und ohne Bremse, da ist sie vier Jahre alt und bereits eine brutal gute Skifahrerin. Der österreichische Skiverband (ÖSV) hat damals natürlich noch nichts von ihr gewusst. Als 18-Jährige und zweifache Junioren-Weltmeisterin für Liechtenstein (RTL, Abfahrt) wird sie spät, aber doch vom ÖSV kontaktiert. Weirather soll für Österreich fahren und lehnt ab. "Es war eine rein emotionale Entscheidung. Ich habe mich immer mehr als Liechtensteinerin gefühlt, weil ich dort aufgewachsen bin und dort wohne", sagt sie im Gespräch mit derStandard.at.

Bereits abgeschrieben

Die Tochter der liechtensteinischen Gesamtweltcupsiegerin und Olympiasiegerin Hanni Wenzel und des österreichischen Abfahrtsweltmeisters und -weltcupsiegers Harti Weirather war bereits abgeschrieben. Mit 19 bereits vier Kreuzbandrisse in der Krankengeschichte, erinnert ihr Schicksal an Marlies Schild. Auch die Salzburgerin gewann ihr erstes Weltcup-Rennen erst mit knapp 23, nach zig Knieverletzungen. Nur mit dem Unterschied zur leidenschaftlich leidensfähigen Schild, dass Weirather heute ohne Schmerzen Skifahren kann, "ansonsten wäre der Spass weg."

Das große Können streitet Weirather kaum jemand ab. "Die Arme hat so viel Talent, aber sich schon oft so wehgetan", sagte Alpenkönig Hansi Hinterseer kürzlich in einem TV-Interview. Zum Freuen oder zum Weinen? Weirather: "Zum Freuen ist es sicher nicht. Es braucht aber schon viel Kraft, um dreimal ein Comeback zu schaffen. Darauf bin ich stolz."

Durch Schuhrandprellung gebremst

Die 23-Jährige fuhr heuer im kanadischen Lake Louise auf Platz drei, danach wurde sie durch eine Schuhrandprellung gebremst, bei der WM kam sie über einen 13. Platz in der Abfahrt nicht hinaus. Im vergangenen Jahr reüssierte sie als Zweite im Abfahrtsweltcup hinter Lindsey Vonn und fuhr insgesamt fünfmal aufs Podium. Die Deutsche Maria Höfl-Riesch bezeichnete Weirather einmal als "die Frau der Zukunft im Abfahrtssport".

Der Vater wiederum sorgt sich um sein Kind, weiß wie gefährlich der Sport ist. Als er noch selbst fuhr, konnte es ihm nicht brutal genug sein, weil er sich davon einen Vorteil erhoffte. "Wenn die eigene Tochter fährt, würde man am liebsten alles in Watte packen vom Start bis ins Ziel," sagt Harti Weirather. Mutter Hanni Wenzel soll es vor dem Fernseher gar nicht aushalten, wenn Tina den Hang runterflitzt. Sie geht, zwei Fahrerinnen bevor ihre Tochter startet, aus dem Zimmer und kommt erst wieder wenn ihre Tochter heil im Ziel angekommen ist.

Kein Traum im Büro

Viel Zeit, um über die Sinnfragen des Lebens nachzudenken, hatte Tina Weirather in der Vergangenheit öfters, besonders nach ihrer letzten Knieverletzung. "Ich habe sogar ein Praktikum in einer Lebensversicherung gemacht, wollte einfach einmal einen normalen Beruf sehen. Das war mir aber zu fad. Nur eine oder zwei von 100 jungen Rennläuferinnen schafft es an die Spitze. Wenn man die Chance hat, soll man sie auch nutzen. Mir gefällt das Reisen, das Training. Es ist ein extrem emotionales Leben", sagt Weirather.

Trainiert wird mit dem Schweizer Ski-Team. Seit 30 Jahren kooperiert Liechtensteins Skiverband bereits mit den Eidgenossen, schon Hanni Wenzel profitierte von dieser Zusammenarbeit. An ein Speed-Training allein im Liechtensteiner Teamverbund wäre nicht zu denken, es gibt mit Marina Nigg nur eine andere Rennläuferin auf Weltcup-Niveau. Und die fährt Slalom.

Überwindung

Im Sommer ist Weirather in der Vorbereitung auf eine harte Saison von der Skischanze gesprungen. "Es war ein gutes Überwindungstraining. Rein vom Flug hat es für das Abfahrtstraining nichts gebracht. Aber manchmal im Leben ist es gut, etwas zu machen, wogegen sich der ganze Körper sträubt. Das ähnelt Situationen in der Abfahrt. Wenn die Sicht schlecht ist, sagen alle Instinkte bremsen. Man muss aber das Gegenteil machen" sagt Weirather. Am Freitag im Super-G von Garmisch, da schien die Sonne hell. (Florian Vetter, derStandard.at, 1.3.2013)