Die Cyberangriffe auf die Vereinigten Staaten mehren sich.

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In den USA mehren sich Hacker-Angriffe auf die großen Zeitungen des Landes. Die "Washington Post" räumte nun einen mehrere Jahre zurückliegenden Angriff vermutlich aus China ein. Wenige Tage zuvor hatten die "New York Times" und das "Wall Street Journal" von Attacken berichtet, hinter denen chinesische Hacker-Gruppen vermutet werden. In einem nach bisherigen Informationen damit nicht zusammenhängenden Fall berichtete auch der Kurzmitteilungsdienst Twitter am Samstag von einem derartigen Einbruch. Dabei seien möglicherweise Daten von rund 250.000 Nutzern erbeutet worden.

Attacken auf Washington Post, Wall Street Journal und New York Times

Der Angriff bei der "Washington Post" sei bereits 2011 entdeckt und gestoppt worden, berichtete die Zeitung am Samstag. Die Eindringlinge seien wohl seit 2008 oder 2009 unbemerkt im Computer-Netzwerk unterwegs gewesen, hieß es unter Berufung auf unterrichtete Personen. Dabei hätten sie wahrscheinlich auch Administrator-Passwörter gestohlen, die ihnen weitreichenden Zugang zu allen Systemen gewährt hätten. Es sei unklar, ob und welche Informationen gestohlen worden seien.

Die "New York Times" und das "Wall Street Journal" hatten jüngst ebenfalls von höchstwahrscheinlich aus China geführten Hacker-Attacken im vergangenen Jahr berichtet. Die "New York Times" entdeckte den Einbruch nach etwa sechs Wochen und ließ die Angreifer rund vier Monate agieren, um sie auszuspionieren.

Die Attacken ereigneten sich, als die Zeitungen an Berichten über das Vermögen von Familien führender chinesischer Politiker arbeiteten. Die Behörden in China weisen die seit Jahren andauernden Vorwürfe der Cyberspionage stets zurück.

Angriff auf Twitter als "Weckruf"

Wer diese Woche hinter dem Angriff auf Twitter steckte, ist unklar. "Die Attacke war kein Werk von Amateuren", schrieb IT-Sicherheitschef Bob Lord in einem Blogeintrag. Die Hacker hätten eine "extrem ausgefeilte" Technik eingesetzt. "Wir glauben, dass in jüngster Zeit auch andere Unternehmen und Organisationen auf ähnliche Weise angegriffen wurden", schrieb Lord.

Die Angreifer könnten sich Zugang zu Informationen von rund 250.000 Nutzern verschafft haben. Darunter könnten Nutzernamen, E-Mail-Adressen und verschlüsselte Passwörter sein. Als Sicherheitsmaßnahme habe Twitter die Passwörter der betroffenen Accounts zurückgesetzt.

Mike Lloyd, technischer Direktor der Sicherheitsfirma RedSeal Networks, sprach bei dem Angriff auf Twitter von einem weiteren "Weckruf". Was derzeit geschehe, sei ein "Krieg zwischen Unternehmen und Datendieben und wir verlieren ihn", erklärte er.

Cybersecurity ist internationales Thema

Die am Freitag aus dem Amt geschiedene US-Außenministerin Hillary Clinton hatte am Donnerstag erklärt, die US-Regierung beobachte eine Zunahme von Hackerangriffen sowohl auf staatliche Einrichtungen als auch auf Privatunternehmen. Sie wünsche sich ein internationales Forum, das Antworten auf "diese Art illegalen Eindringens" suche.

Unterdessen riefen bei der Münchner Sicherheitskonferenz Spitzen aus Politik und Wirtschaft zu einem gemeinsamen Kampf für mehr Cyber-Sicherheit auf. Nötig sei eine gemeinsamen Kraftanstrengung von Regierungen, Wirtschaft und auch den einzelnen Internet-Nutzern, argumentierten der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich und der Direktor der amerikanischen National Security Agency (NSA), Keith Alexander. Friedrich sagte, die Frage, wie Sicherheit im Cyber-Raum garantiert werden könne, sei eine entscheidende Frage des 21. Jahrhunderts.

Die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes betonte, jeder einzelne Nutzer könne einen Beitrag leisten, um den Cyber-Raum sicherer zu machen. "Jeder ist verantwortlich nicht nur Staaten und Unternehmen." Die stellvertretende US-Heimatschutzministerin Jane Holl Lute mahnte, niemand könne es sich leisten, zuzusehen. Den Kampf für mehr Cyber-Sicherheit könne keine Regierung alleine gewinnen.

In der Diskussion wurde deutlich, dass die Zahl der Cyber- und Hacker-Angriffe beständig zunimmt - und dass es sich um Attacken unterschiedlichster Art handelt. Oftmals werden Eindringlinge in Systeme erst nach Wochen oder nach Monaten überhaupt erkannt.

Twitter als beliebtes Angriffsziel

Es ist auch nicht das erste Mal, dass Hacker ins Twitter-System eingedrungen sind und Zugriff auf Nutzerinformationen erhielten. 2010 einigte sich das Unternehmen mit der Kartellbehörde FTC auf unabhängige Überprüfungen der Datensicherheit über zehn Jahre hinweg. Twitter befindet sich in privaten Händen und hat weltweit rund 200 Millionen Nutzer. Der Wert des Unternehmens wird auf mehr als acht Milliarden Dollar (5,86 Mrd. Euro) geschätzt. In der Wahlnacht des 6. November in den USA liefen weltweit mehr als 327.000 Tweets in der Minute über den Dienst. In China ist Twitter offiziell gesperrt. (APA, 03.02.2012)