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Wiener Wasser schmeckt gut - kostet viel.

Foto: Reuters/Niesner

Wien - Die aktuellen Diskussionen um die Konzessionsrichtlinie sind Wasser auf die Mühlen der Privatisierungsgegner. Der Schutz des Wassers vor dem Ausverkauf verhindere ja, dass sich private Konzerne auf Kosten der Bürger bereichern, lautet etwa die Argumentation von Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel. Als Samariter können die Gemeinden als derzeitige Herren des Wassers auch nicht durchgehen. Sie drehen zusehends an der Tarifschraube.

Allein im Vorjahr stiegen die Tarife für die Wasserversorgung laut Wifo-Experte Josef Baumgartner um 8,5 Prozent. In den Jahren davor seien die Preissteigerungen allerdings etwas moderater ausgefallen als die allgemeine Teuerung. Für den Ausschlag nach oben im Jahr 2012 sei vor allem die Erhöhung der Wassertarife um ein Drittel in Wien verantwortlich.

Saftiger Profit in Wien

Ein Blick in den Rechnungsabschluss der Hauptstadt zeigt, dass Wien gute Geschäfte mit der Versorgung macht. Bereits vor der Gebührenerhöhung standen Einnahmen von 183 Millionen Euro Ausgaben von 125 Millionen gegenüber. Macht unterm Strich einen Profit von 58 Millionen Euro.

Im Vorjahr verbesserte sich diese Position laut Voranschlag auf 85 Millionen. Im Büro von Finanzstadträtin Renate Brauner wird betont, dass man mit den Überschüssen Rücklagen für Investitionen bilde. Die Instandhaltung der Trinkwasseranlagen sowie Investitionen sind freilich in den Ausgaben von 146 Millionen Euro bereits enthalten. Auch der Rechnungshof hat festgestellt, dass Wien die Überschüsse "im allgemeinen Haushalt vereinnahmt", und Schulden für Investitionen aufnehmen müsse. Darauf angesprochen heißt es aus dem Finanzreferat, dass zwei Gutachten die korrekte Vorgangsweise der Stadt untermauerten.

Manfred Eisenhut von der Vereinigung für das Gas- und Wasserfach, hält nichts davon, sich an einem Jahresergebnis zu orientieren und die Gewinne ein Körberlgeld zu nennen: Anders als bei privaten Betreibern würden diese wenigstens ins öffentliche Budget fließen. Abgesehen davon, dass ungünstige Witterung eine Bilanz rasch ins Minus ziehen könne.

200 Euro im Jahr für Wasser

Ein österreichischer Haushalt zahlt fürs Wasser im Schnitt jährlich 200 Euro. Es sind laut Statistik Austria 0,2 Prozent der Jahresausgaben. Die Preise für den Kubikmeter schwanken je nach Region zwischen 2,3 und weniger als einem Euro, rechnet Eisenhut vor. Ausschlaggebend dafür sei primär die Netzstruktur: Die Leitungslänge spiele ebenso herein, wie die Menge der Anschlüsse. Je dünner die Besiedelung und je weniger Berge rundum, desto teurer wird es. Der Anteil des effizienten Wirtschaftens an den Gesamtkosten sei "erstaunlich gering" im Vergleich zum Einfluss der Strukturfaktoren, sagt Roman Neunteufel von der Boku Wien.

Österreichs Wasserpreise liegen international gesehen im Mittelfeld. Langfristig zeichnen sich jedoch klar Verteuerungen ab. Der Grund sind laut Eisenhut primär die stark steigenden Kosten für die Sanierung der Netze.

6,6 Milliarden Euro an Investitionen erfordern Österreichs Wasserleitungen in den kommenden zehn Jahren. 2,8 Milliarden davon entfallen aufs Trinkwasser.

Viele Gemeinden sind bei der Bildung entsprechender Rücklagen aber säumig. Ihr Wasserpreis sei nicht kostendeckend, sie verlangten mitunter weniger, als es der Instandhaltungsaufwand erfordere, sagt Daniela Fuchs, Wasserexpertin an der TU Graz. Umgerechnet auf das, was derzeit investiert werde, müssten Rohre 500 Jahre überdauern, ergänzen Branchenkenner. Ihre Lebenszeit liegt freilich bei maximal 70 Jahren.

Die Gemeinden und die Förderungen

Ein Schock für die Gemeinden sei, dass die öffentliche Hand Förderungen einstellt, die dazu anregten, die Wassernetze in Schuss zu halten, sagt Eisenhut. Die Branche werde im Regen stehen gelassen, ein Rückstau an Investitionen drohe. Auch Fuchs nennt die Lage prekär: Sanierungen hinauszuzögern bedeute, dass dies nächsten Generationen auf den Kopf fiele. Eine Sprecherin des Umweltministeriums beschwichtigt: Es gebe dafür auch künftig Geld. Der offizielle Beschluss dazu steht jedoch dem Vernehmen nach noch aus.

Ein Österreicher benötigt am Tag 90 bis 140 Liter Wasser. Der Verbrauch ist in den vergangenen Jahren dank effizienterer Technologie merklich gesunken, geht aus einer Studie des Umweltministeriums hervor. Das Potenzial für weitere Einsparungen aber sinkt.

2,6 Milliarden Kubikmeter Wasser werden jährlich genutzt. 35 Prozent dienen der Trinkwasserversorgung, 60 Prozent der Industrie und fünf der Landwirtschaft. (Verena Kainrath, Andreas Schnauder, DER STANDARD; 2.2.2013)