Jetzt, wo Arnie die Welt rettet, kann man auch der heimischen Korruption gelassener gegenüberstehen. In dieser Auffassung bestärkte der Satz, in den Alfons Mensdorff-Pouilly neulich in einem Interview sein Mitgefühl mit Ernst Strasser kleidete. Wie kommt ein Mensch dazu, eine Strafe zu bekommen, nur weil es die Öffentlichkeit nicht schafft, den Menschen die Unanständigkeit wegzunehmen?, fragte er in "Österreich". Schuld am Schicksal des ehemaligen Innenministers ist also - wer hätte es nicht längst vermutet - eine nicht näher definierte Öffentlichkeit, weil sie es nicht geschafft hat, den Menschen die Unanständigkeit wegzunehmen. Zu einer solchen Öffentlichkeit kann man nur voller Verachtung pfui sagen, denn, wie der Bauer aus Luising weiter ausführte, hängen wir zurzeit Menschen an den Galgen zur Abschreckung. Das haben andere gemacht, die wir normalerweise verurteilen.

Der Vergleich, womit auch immer, ist etwas unscharf, denn einmal an den Galgen gehängt, wie andere - wer auch immer - das gemacht haben, hätte Strasser kaum Berufung einlegen können. Und das wäre schade, hätte sie doch jetzt, wo endlich klar ist, dass die Öffentlichkeit an allem schuld und Strasser daher auch nicht zu bestrafen ist, beste Erfolgschancen.

Noch ehe diese eintreten konnten - es gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung -, schob Mensdorff eine persönliche Auffassung von einem Strasser-gerechten Strafvollzug nach, die an seiner Unschuldsvermutung ein wenig zweifeln lässt. Ich hätte ihn 30 Jahre lang jedes Jahr vor dem Parlament vor allen Abgeordneten auftreten lassen und ihn Reue bekennen lassen. "Mea culpa, mea maxima culpa. Ich warne euch!" Das, so ist der Waidmann überzeugt, bringt etwas.

An dieser Form von tätiger Reue besticht die Hochachtung vor den Volksvertretern, auch wenn sie offenbar als einschlägiger Warnungen bedürftig dargestellt werden. Mensdorff will offenbar zwei justizpolitische Fliegen mit einer Klappe treffen: Strasser läutern und die Abgeordneten abhalten, seinen Weg zu beschreiten. Die Ausdehnung des Projekts auf sechs Legislaturperioden verströmt einen Hauch von Nachhaltigkeit, ja geradezu Lebenslänglichkeit, die zweifeln lässt, ob Strasser nicht doch lieber die vier Jahre absitzt, sollte sich das Berufungsgericht der Rechtsmeinung des Jägermeisters vom Versagen der Öffentlichkeit nicht anschließen.

Doch was sollen all diese Spitzfindigkeiten, wenn nebenan die Welt gerettet wird! Es war die Woche, in der Arnie eine terminatorische Heldentat an die nächste reihte. Schon am Samstag saß er laut "Kronen Zeitung" - unfassbar! - mit Sohn Patrick auf der VIP-Tribüne. Und nicht nur das. Schnitzel, Kaiserschmarrn und Schnaps - Arnold Schwarzenegger hat beim Hahnenkammrennen in Kitzbühel mit Sohn Patrick die heimischen Schmankerln getestet.

Derart gestärkt sollte es Dienstag weitergehen. So kämpft Arnie für unsere Umwelt, konnte nur der Aufmacher lauten. Kein Wunder, das sich die Internationale Öko-Elite in Wien anhören wollte: So will Arnie die Umwelt retten. Von der internationalen Elite durfte der Wiener Bürgermeister nicht ausgeschlossen werden. Daher kam es Mittwoch, wie es kommen musste: Stadt kämpft gemeinsam mit dem "Terminator" für Umwelt.

Und dann der Donnerstag. "Green" Arnie is back! Er hätte sich "jeden Platz dieser Welt" für diese Umweltkonferenz aussuchen können, doch Arnie ist Patriot mit einem rot-weiß-roten Herzen, wie schon vor den heimischen Schmankerln bewiesen. Bei dem von Kanzler Werner Faymann gegebenen Dinner gaben sich unter anderem auch - welche Überraschung! - " Krone"-Herausgeber Dr. Christoph Dichand und nebenbei viele heimische Wirtschaftsgrößen die Öko-Ehre.

Hatte es zuvor geheißen, Arnie werde die Welt retten, wusste "Heute" am Mittwoch: Ex-"Governator" Arnold Schwarzenegger bekommt Schützenhilfe aus Wien. Die Stadt tritt seinem Netzwerk "R20 - Regions of Climate Action" bei. Darunter ein Foto vom wahren Terminator: Bürgermeister Häupl und Umweltstadträtin Sima mit klimafreundlicher Bio-Blumenerde. Donnerstag überschlug sich die Gratispostille. Auf dem Cover mit einem Foto vom Kanzler-Dinner. Arnie: Er kam, sah und aß. Seite 14: Öko-Arnie spricht mit 900 Studenten. Seite 24: Arnie fährt in Wien Elektro-Auto. Und schließlich drei Seiten Arnies große Öko-Action: "Wir müssen das Geschwätz abschalten." Wie es aussieht, keine Chance. (Günter Traxler/DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2013)