Ihr verspieltes, oft intelligent erscheinendes Verhalten verleitet gerne dazu, Delfinen menschliche Charakter-Eigenschaften zu unterstellen. Manche würden ihnen sogar ein echtes Bewusstsein zutrauen. Vieles ist Mutmaßung, nur weniges lässt sich wissenschaftlich belegen, auch wenn neuere Erkenntnisse darauf hinweisen, dass etwa Große Tümmler (Tursiops truncatus) so etwas wie Individualität besitzen: Mit persönlichen Pfeiflauten identifizieren sie sich gegenüber Artgenossen und werden von den Mitgliedern ihrer Gruppe auch mit eben diesem Pfeiflaut "angesprochen" – fast als hätte jedes der Tiere einen eigenen Namen.
Zwei in den letzten Tagen veröffentlichte Videos fügen dem Bild vom vernunftbegabten, mitfühlenden Meeressäuger neue Facetten hinzu – und es fällt schwer, in diesen Bildern kein menschenähnliches Verhalten zu sehen: Im ersten, am 13. Jänner herausgegebenen Film suchte vor Hawaii ein Delfin gezielt die Nähe einiger Taucher, die in der Nacht Manta-Rochen beobachteten. Es stellte sich heraus, dass ein Angelhaken in der Brustflosse des Delfins steckte. Während der ganzen Zeit, in der einer der Taucher versuchte, den Haken zu entfernen, hielt der Meeressäuger ruhig, obwohl die Prozedur nicht besonders angenehm gewesen sein dürfte.
Rettungsinsel für sterbenden Artgenossen
Das zweite Video wurde am 26. Jänner veröffentlicht und stammt von einer Gruppe koreanischer Wissenschafter, die vor der südkoreanischen Küste Langschnäuzige Gemeine Delfine (Delphinus capensis) beobachtete. Dabei fiel den Forschern eine kleine Gruppe von zwölf Delfinen auf, die sich etwas abseits hielt. In ihrer Mitte bemerkten die Koreaner ein weibliches Tier, das offensichtlich so schwer verletzt war, dass es nicht mehr selbstständig zum Atmen an die Meeresoberfläche gelangen konnte.
Was die Wissenschafter zu sehen bekamen, war folgendes: Die gesunden Delfine wechselten einander zunächst ab beim Versuch, das sterbende Tier an der Wasseroberfläche zu halten und bewahrten es so vor dem Ertrinken. Nach etwa dreißig Minuten griffen die Delfine schließlich zu einer anderen Taktik: Jeweils fünf Tiere bildeten abwechselnd aus ihren Körpern eine Art Floß, auf dem das bewegungsunfähige Weibchen zu liegen kam. Dieses Verhalten konnte bisher noch nie bei Delfinen beobachtet werden. Letztlich blieben aber alle Rettungsversuche ohne Erfolg und der Delfin starb. Einen ausführlichen Bericht zu der tierischen Rettungsaktion hat die BBC auf ihrer Website.
--> Youtube: Dolphin entangled with fishing line rescued by divers in Kona Hawaii (ab Minute 3:30)
--> New Scientist: Dolphins form life raft to help dying friend
(red, derStandard.at, 01.02.2013)