Jetzt, nachdem der Kelch der Volksbefragung an uns vorübergegangen ist, hat es mit der Reform des Bundesheeres keine Eile mehr. Die öffentliche Aufmerksamkeit wendet sich anderen Themen zu, so dem hierzulande gern verdrängten, nun aus Deutschland hereingeschwappten Problem der sexistischen Belästigung. Oder der Drogenhölle Österreich, vom Schutz des heimischen Wassers vor dem frechen Zugriff aus Brüssel ganz abgesehen. Da drängt vor der Nationalratswahl noch einiges auf rasche, dezent populistische Lösungen, und es wäre doch gelacht, ließe sich neben dem Trinkwasser nicht auch der Schutz einiger Körperteile vor Begrapschung als Staatsziel in die Verfassung aufnehmen. Darauf kommt es bei dieser Verfassung auch schon nicht mehr an.

So weit bräuchte unsere schneidige Innenministerin mit ihrem Schrei nach Haartests zwecks Drogenkontrolle gar nicht zu gehen. Eine Verpflichtung der Friseure, den Abfall von den Köpfen ihrer Kunden vorratsdatenspeichernd samt Namen und Adressen dem Verfassungsschutz zu übermitteln, würde vollauf genügen. Wenn sich Drogendealer vor dieser Behörde nur halb so sehr fürchten wie Neonazi, ist der Kampf schon so gut wie gewonnen. Die Sensibilität der Ministerin ist gar nicht genug zu preisen, auch wenn es bedauerlich bleibt, dass sie ähnliches Feingefühl nicht auch für die Vorgänge in ihrem Ressort aufzubringen vermag. Wobei noch gar nicht gesagt ist, dass die vom Rechnungshof dort aufgedeckte Praxis nur in ihrem Ministerium gepflegt wurde. Und vielleicht noch wird. Personen, die zunächst im Ministerkabinett ihre parteipolitische Verlässlichkeit beweisen, kündigen, um alsbald wesentlich besser bezahlt ihr segensreiches Wirken als sogenannte Berater, diesmal freischaffend, wieder aufzunehmen.

Ewige Nörgler ärgert dabei vor allem der finanzielle Aspekt, etwa Tagsätze von 2500 Euro, freihändig, dennoch gezielt gestreut. Besonders schnöde der Verdacht, über solche Berateraufträge könnten gar Wahlkämpfe finanziert worden sein. Das wird sich unter Einsatz des Rechnungshofes vielleicht klären lassen, auch wenn die jetzige Ministerin ebenso wie ihre Vorgängerin steif und fest behauptet, dass es gar nichts zu klären gibt. So leicht lässt eine gestandene ÖVP-Funktionärin nicht an ihrem Selbstbewusstsein rütteln. Der allgemeingültige ästhetische Aspekt des herrschenden Berater(un)wesens, wie es derzeit aus dem Innenministerium ans Licht kommt, gerät dabei allerdings zu kurz.

Wer den Innenministern und -ministerinnen der letzten Jahre (aber nicht nur ihnen) lauschen musste, wenn sie öffentlich Laut gaben, fragt sich nun mit Schaudern, wie sie erst ohne die rhetorische Anleitung durch weltanschaulich wohlgesinnte Berater auf ihr Publikum gewirkt hätten. Ist das, was wie fleischgewordene Beratungsresistenz von der Regierungsbank glänzt, schon der Erfolg einer destruktiven Pädagogik auf Regimentsunkosten oder nur der Beweis, dass Qualität aus Freunderlwirtschaft nicht zu gewinnen ist, und wenn sie - andere - noch so teuer kommt? Nun hüllen sich die Ministerinnen in Schweigen. Da hatten sie gute Berater. (Günter Traxler/DER STANDARD, Printausgabe, 1.2.2013)