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Verdacht auf Preisabsprachen im Lebensmittelhandel.

Foto: APA/Gindl barbara

Wien - Die Hausdurchsuchung der Spar-Zentrale in Salzburg hält an. Wie lang der Lebensmittelhändler noch gefilzt wird, sei derzeit nicht absehbar, sagt eine Sprecherin der Bundeswettbewerbsbehörde. Dies hänge auch von der Kooperationsbereitschaft des Konzerns ab.

Dass Kartellwächter nach Rewe nun Rivale Spar durchleuchten, überrascht Michael Böheim nicht, erstaunlich sei nur, sagt der Wettbewerbsexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts, dass sie dies nicht schon früher getan hätten.

Mehr als ein Dutzend Mal wurde die Behörde in Österreichs Lebensmittelbranche im Vorjahr aktiv. Ziel ist es, den Beweis für unerlaubte Absprachen mit Lieferanten und Mitbewerbern zu erbringen. Bei Rewe fand die Razzia vor knapp einem Jahr statt. Handfeste Ergebnisse liegen bisher nicht vor.

Rewe: "Exzessives Überschreiten"

Es gibt jedoch ein erstes juristisches Nachspiel: Rewe brachte gegen die Hausdurchsuchung zwei Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof ein. Mit einer blitzte sie ab. Bei der zweiten machte die Justiz aber bei einem Bescheid Gesetzesverletzungen aus, geht aus Akten des Gerichtshofes hervor.

Rewe hat 34 Gesellschaften am von der Razzia betroffenen Standort in Wiener Neudorf gemeldet. Ihre Anwälte machten ein "exzessives Überschreiten des Durchsuchungsbefehls geltend. Der VfGH kam im Dezember zur Erkenntnis, dass dem Unabhängigen Verwaltungssenat bei der siebten bis 34. Gesellschaft "grobe Begründungsfehler unterliefen, die den Bescheid mit Willkür behaften".

Die Wettbewerbsbehörde sieht darin lediglich einen Rüffel für den Verwaltungssenat. Sie selbst habe sich keinen Verfahrensfehler zuschulden kommen lassen. "Alle Rechte wurden gewahrt", auf den Ausgang des Verfahrens habe der Entscheid keinen Einfluss, erläutern ihre Juristen. Etwaige Beweise, die in den besagten 27 kleinen Gesellschaften gefunden werden, dürfen aber nicht verwertet werden, gibt Böheim zu bedenken.

Mindestpreis vermutet

Bei Rewe wie Spar steht der Verdacht im Raum, dass sie mit einzelnen Lieferanten Preise vereinbarten bzw. zusicherten, ein bestimmtes Preisniveau nicht zu unterschreiten. Bei Rewe bestehe der Verdacht auf ein Sternkartell für die Produktgruppe Bier, geht aus Unterlagen des VfGH zu den Beschwerden hervor - zudem auf die Abstimmung des Marktverhaltens und der Endverkaufspreise mit ei- ner gewissen "Firma S".

Vom Kartellgericht längere Zeit unter Verschluss gehaltene Dokumente wurden mittlerweile freigegeben. Anzeichen auf Kronzeugen gibt es, anders als anfangs vermutet, keine. Ohne diese sei aber die Chance auf stichfeste Beweise für Machtmissbrauch klein, es könnte wohl auf intensive Marktbeobachtung hinauslaufen, ist Hanspeter Hanreich, Experte des Instituts für Höhere Studien, überzeugt.

"Die Zeiten sind vorbei, in de- nen Absprachen arglos schriftlich festgehalten werden", ergänzt Böheim. Die Indiziensuche sei mühevolle forensische Kleinarbeit.

Dass es zum Kartellverfahren kommt, bezweifeln beide. Böheim hält einen Vergleich, eine Geldbuße oder einige Auflagen für realistisch. Dem Vernehmen nach ar- beiten Anwälte an gesichtswahrenden Lösungen für beide Seiten, um die Sache zu beschleunigen. Wettbewerbsrechtler sehen darin die Gefahr fehlender Transparenz.

EU-Kommissar Michel Barnier legte am Donnerstag in Brüssel einen Aktionsplan gegen unfaire Praktiken des Einzelhandels vor. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 1.2.2013)