Bild nicht mehr verfügbar.

Rolf Holub: "Bei uns in Kärnten und in der ganzen Republik ist der moralische Grundkonsens längst verlorengegangen."

Foto: APA/Eggenberger

STANDARD: Ist Kärnten Sizilien?

Holub: Man braucht sich nur anzuschauen, gegen wie viele Mitglieder der Kärntner Landesregierung ermittelt wird oder wie viele davon verurteilt wurden. Das gibt es in ganz Mitteleuropa nicht.

STANDARD: Sie sind eigentlich Künstler, Kabarettist. Warum sind Sie in die Politik gegangen?

Holub: Ich sollte 2002 den Kärntner Kulturpreis bekommen. Jörg Haider hat mich aus der Liste der Preisträger gestrichen. Da habe ich mir gedacht, ich kann nur noch auswandern oder in die Politik gehen.

STANDARD: Welches ist das größte Problem Kärntens?

Holub: Das ist die Korruption. Das Geld der Steuerzahler versickert in dunkle Kanäle. Aber Politiker können nur korrupt sein, wenn es hinter ihnen und im Beamtenapparat Leute gibt, die willfährig genug sind, Gesetze zu missachten. Die sollen sich jetzt alle fürchten. Da werden wir schon alles durchputzen. Das zweite Problem ist, dass der Kärntner Landtag als Kontrollinstanz nur eine Maske ist. Mauscheln, dealen, vertuschen - das darf einfach nicht mehr möglich sein.

STANDARD: Wie soll das gehen?

Holub: Der Landtag und die Öffentlichkeit müssen informiert werden über die Verwendung öffentlicher Gelder. Wo Entscheidungen transparent sind, bleibt für Korruption und Misswirtschaft kein Raum.

STANDARD: Warum ist Kärnten so korrupt geworden?

Holub: In Deutschland etwa gibt es noch so etwas wie Anstand. Bei uns in Kärnten und in der ganzen Republik ist der moralische Grundkonsens längst verlorengegangen. Auch weil es keine Konsequenzen gegeben hat. Unsere Misstrauensanträge gegen korrupte Politiker füllen ja ganze Schubladen. Wenn man einen machtlosen Landtag hat, kann man da nicht viel ändern. Ich habe bisher nicht einmal die Berichte des Rechnungshofes bekommen. Viele Wähler haben sich mit Grausen von der Politik abgewandt. Deshalb brauchen wir ein Transparenzgesetz mit Sanktionen.

STANDARD: Sie haben sich als Aufdecker profiliert. Werden das auch die Wähler honorieren?

Holub: Da bin ich mir sicher. Denn auch die Wähler wollen ein gesundes und korruptionsfreies Kärnten. Sie müssen jetzt entscheiden, ob sie den wählen, der im Gefängnis sitzt, oder den, der alles aufgedeckt hat.

STANDARD: Welches Wahlziel setzen Sie sich?

Holub: Wir wollen in die Landesregierung einziehen. Das wird uns gelingen. Die Leute haben die Blauen wirklich satt. Kärnten ist jetzt reif für einen Wechsel.

STANDARD: Mit wem könnten sich die Grünen eine Koalition vorstellen?

Holub: Es hat mit Rot und Schwarz im letzten Jahr inhaltlich funktioniert, es war teilweise mühsam, aber es ist gegangen. Mit den Blauen werden wir ganz sicher keine Koalition machen, weil für uns die Blauen das eigentliche Problem sind. Für sie gilt nach wie vor die Umkehrung des Ingeborg-Bachmann-Zitats: "Die Unwahrheit ist unseren Wählern zumutbar." Sie versprechen, Geld aus dem Zukunftsfonds unters Volk zu schmeißen, und sagen nicht dazu, dass sie das allein gar nicht können, sondern dafür eine Zweidrittelmehrheit brauchen.

STANDARD: Was halten Sie von der Vorgabe, die stimmenstärkste Partei müsste den Landeshauptmann stellen?

Holub: Sicher nicht. Jede andere Möglichkeit ist genauso legitim. Die Frage ist nicht, wer mit den meisten Stimmen vorn liegt, sondern welche Mehrheit über 50 Prozent sich inhaltlich zusammenrauft. Da geht es nicht um eine Machtposition, sondern darum, ob man gemeinsam die Probleme des Landes anpacken will. Für Lösungen sind wir immer zu haben. Aber eines ist klar: Gerhard Dörfler oder irgendeinen anderen Blauen würden wir nie wählen.

STANDARD: SP-Chef Peter Kaiser hat gesagt, wenn er nicht Landeshauptmann wird, kehrt er der Politik den Rücken.

Holub: Wenn Kaiser weg ist, dann wird die SPÖ wohl eine zweite Chianti-Flasche aufmachen - und auf eine weitere Koalition mit den Kärntner Freiheitlichen anstoßen.

STANDARD: Auch BZÖ-Chef Josef Bucher will Landeshauptmann werden.

Holub: Mir ist grundsätzlich ein Politiker lieber, der zuerst überlegt, wie er die Probleme des Landes lösen will, als einer, der gleich sagt, was er werden möchte. Aber ich sehe da eher einen Ehezwist zwischen BZÖ und FPK. Die beiden zerkrachten Ehepartner werden nach der Wahl wohl wieder zusammenfinden.

STANDARD: Wäre Wolfgang Waldner von der ÖVP ein Landeshauptmann-Kandidat?

Holub: Ich leide mit dem Wolfgang Waldner mit. Er hat ein Problem, das die Grünen auch haben. Wie soll man zivilisiert auf eine Taliban-Politik antworten? Ich glaube, dass Waldner in Kärnten noch zu wenig eingelesen ist. Ob ihn das besonders qualifiziert, Landeshauptmann zu werden, ist halt die Frage. Auch ÖVP-Chef Gabriel Obernosterer ist eine ehrliche Haut - aber eben nur eine Haut über der ÖVP. Wie es darunter ausschaut, ist problematisch. Ich sehe immer noch Kräfte, die in die blaue Richtung treiben.

STANDARD: Um Platz drei nach FPK und SPÖ rangelt auch das Team Stronach. Wäre dieses mit dem Ex-SP-Mann Gerhard Köfer an der Spitze ein Partner für die Grünen?

Holub: Momentan sehen wir außer den drei Worten Transparenz, Wahrheit und Fairness nix. Grundsätzlich finde ich es nicht schlecht, wenn mehrere Parteien zusammengehen, denn da muss man inhaltlich arbeiten. Aber ich halt nichts von alten Kapitalisten, die versuchen, sich Mandatare und Demokratie zu kaufen. Frank Stronach erteilt die Befehle, und seine Mandatare müssen folgen. Einen Staat kann man nicht wie eine Firma führen. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, Printausgabe, 1.2.2013)