Wien - Döner mache nicht schöner, sondern dick, krakeelte die FPÖ, als eine Wiener Studie Anfang Jänner einen Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund und Übergewicht bei Kindern erwähnte.

Fakt ist, dass Kinder und Jugendliche in Österreich - egal welcher Herkunft - immer dicker werden. Auch im aktuellen Ernährungsbericht des Gesundheitsministeriums zeigt sich, dass die Prävalenz, also die Häufigkeit von Übergewicht, seit 2008 von elf auf 17 Prozent gestiegen ist.

Fakt ist auch, dass der Anteil bei Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache mit 20 Prozent (bei türkischer Muttersprache 23 Prozent) deutlich höher liegt. "Kulturelle Gründe", die die FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakotisch-Jenewein festzustellen meinte, sind es allerdings nicht, die den Unterschied beim Gewicht ausmachen.

Vielmehr ist die gesunde Ernährung abhängig von Einkommen, sozialem Status und Bildungsgrad der Eltern. Faktoren, die bei Migrantenfamilien in Österreich oft unter dem Durchschnitt liegen.

Neu ist die Erkenntnis keinesfalls, und sie ist kein österreichisches Phänomen. 2008 etwa wies die Urmel-Ice-Studie des Augsburger Gesundheitsamtes den Zusammenhang zwischen Herkunft und Übergewicht nach. Es werde mehr ferngesehen und weniger gemeinsam gegessen.

Als Gegenmaßnahme empfahlen die Wissenschafter den Ausbau von Ganztagesschulen und Kindertagesstätten, wo mehr Sport und Ernährungslehre stattfinden solle. Auch gezielte Gestaltung von Sportvereinen für Migranten könne helfen, dem Trend zu begegnen, heißt es in dem Bericht. Der Zusammenhang trete bei Mädchen übrigens stärker auf als bei Buben. Einzig bei türkischstämmigen Familien spiele das Einkommen eine geringere Rolle.

Im Oxfordjournal wurde 2007 ein ausführlicher Beitrag über das weltweite Problem der Gewichtszunahme unter Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Unter den einkommensschwachen Nationen steige der Anteil am stärksten im Mittleren Osten und Osteuropa an. Die Unterschiede sind allerdings signifikant: In Polen sind demnach fünf Prozent der 14- bis 15-Jährigen betroffen, in Bosnien sind 30 Prozent der Mädchen und 48 Prozent der Buben zu dick. Unter jungen Tschechen hingegen gibt es kaum Veränderungen in den letzten zehn Jahren.

In der Türkei, wo die FPÖ das "kulturelle Grundproblem" verortet, sind durchschnittlich elf Prozent der Jugendlichen übergewichtig. Am Döner liegt es also nicht, sondern an den Möglichkeiten, sich gesund zu ernähren und ausreichend zu bewegen. (juh, DER STANDARD, 31.1.2013)