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Armut hat viele Gesichter. Nicht immer hat sie mit Hungerkatastrophen und Krieg zu tun.

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Auch wenn die bitterkalten Tage fürs Erste vorbei sind: Die nächste Kaltfront kommt bestimmt. Und sie wird wieder vielen Kindern aus sozial schwachen und armen Familien zu schaffen machen. Auch in Österreich, das im globalen Wohlstandsranking aktuell den 16. Platz belegt, müssen Kinder und Jugendliche frieren. Nach Angaben der Armutskonferenz haben hier 219.000 Menschen, das sind drei Prozent der österreichischen Bevölkerung, zu wenig Geld, um ihre Wohnung im Winter warm zu halten. Damit sind auch 47.000 Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren betroffen.

Fataler Zusammenhang

Der Blick auf die private Haushaltsgebarung in Österreich offenbart einen fatalen Zusammenhang: Je niedriger das Familieneinkommen, desto höher ist der Anteil der Wohn- und Heizkosten. Die Gründe sind steigende Fixkosten und der Umstand, dass arme und armutsgefährdete Menschen häufig in schlecht isolierten Wohnungen leben. Wohlstandsvokabeln wie "thermische Sanierung" und "Passivhausstandard" sind für sie oft Fremdwörter.

"Im Durchschnitt geben Haushalte mit einem Monatseinkommen unter 900 Euro 36 Prozent ihres Gesamtbudgets für Wohn- und Heizkosten aus", sagt der Sozialexperte Martin Schenk von der Armutskonferenz. "Rund zehn Prozent betragen die Kosten für Energie." Je weiter das Einkommen sinkt, desto höher ist dieser Anteil. Zum Verlgeich: Laut Statistik Austria entfallen im österreichischen Durchschnitt 23,8 Prozent der monatlichen Ausgaben auf Wohnen und Heizen. Die Zahlen stammen aus 2010, aktuellere gibt es nicht.

Wenn das halbe Einkommen ins Wohnen fließt

Alleinerziehende Personen und Menschen, die mehr als ein Jahr arbeitslos sind, geben laut Armutskonferenz mit 49 Prozent fast die Hälfte ihres Haushaltseinkommens für Wohnen und Heizen aus. Die Hilfsorganisationen berichten, dass sie jeden vierten Euro aus ihren jährlichen Soforthilfetöpfen für Unterstützung im Energiebereich verwenden.

Neues Gesetz als Chance?

Hoffnungen setzen die Organisationen in das Energieeffizienzgesetz, das noch bis 31. Jänner in Begutachtung ist. Es soll Energieversorger verpflichten, bei ihren Kunden in Summe rund 6.000 Terajoule Energie pro Jahr einzusparen. Das soll durch mehr Effizienz, Wärmedämmung und Energiesparmaßnahmen geschehen.

Damit könnte ein Teil der Energiearmut gemildert werden, so die Hilfsorganisationen. Global 2000 vermisst allerdings Entschlossenheit im Gesetz: "Verpflichtete Energieversorger können sich derzeit auch entscheiden, nichts gegen Energiearmut zu tun." Das sei eine massive Schwachstelle des Entwurfs.

"8.000 Haushalten könnte geholfen werden"

Die Hilfsorganisationen fordern, dass zumindest fünf Prozent der vorgesehenen Einsparungen sozial schwachen Haushalten zugutekommen. "Das würde tausenden Menschen wieder Hoffnung und eine Perspektive geben", erklärten sie in einer Aussendung. Global 2000 zufolge könnte etwa 7.000 bis 8.000 Haushalten pro Jahr geholfen werden, wenn man das Gesetz entsprechend ändern würde.

Die EU-Energieeffizienz-Richtlinie, die durch das nationale Energieeffizienzgesetz umgesetzt werden soll, sieht die Möglichkeit einer verbindlichen Verankerung von Maßnahmen gegen Energiearmut übrigens explizit vor. Die Armutskonferenz fordert zudem eine höhere Mindestsicherung, eine qualitätsvolle, gut ausgebaute und für alle zugängliche soziale Infrastruktur, innovative Arbeitsmarkt- und Arbeitszeitpolitik sowie mehr politische Mitsprachemöglichkeiten für Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind. (lima, derStandard.at, 30.1.2013)