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Viele Jahre war Österreichs größter Stromkonzern Verbund eine Maschine zum Gelddrucken. Das hat sich radikal geändert. Niedrige Großhandelspreise lassen die Erträge dahinschmelzen.

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Wien - Verbund-Aktionäre haben auch schon bessere Zeiten gesehen - als Finanzinvestoren wie auch als simple Strombezieher. Statt einer Wertsteigerung auf das eingesetztes Kapital steht beim Aktienkurs ein sattes Minus von 22 Prozent, wenn man den Schnitt der letzten 52 Wochen heranzieht.

Der Strompreis für Haushalts- und Gewerbekunden wurde im vorigen Sommer bis 2014 eingefroren. Damit wird es für die gut 250.000 Haushaltskunden des Verbund zwar nicht teurer, aber auch nicht billiger. Und das zu einer Zeit, wo Mitbewerber zum Teil günstigere Angebote haben.

Am Dienstag setzte die Schweizer UBS noch eins drauf. Deren Analysten gaben für das Verbund-Papier eine Verkaufsempfehlung; sie stuften die Aktien von "neutral" auf "sell" zurück und senkten das Kursziel von 17 auf 13 Euro. Als Begründung wurde der Verfall der Großhandelspreise an der für Österreich maßgeblichen Strombörse Leipzig genannt. Die Ertragsdecke des Verbund dürfte jedenfalls kürzer werden. Die UBS-Analysten erwarten für 2012 einen Gewinn je Aktie von 1,09 Euro, der in den Folgejahren auf 1,10 bzw. 0,89 Euro schrumpfen sollte. An der Börse brach die Verbund-Aktie am Dienstag um 2,5 Prozent auf 16,2 Euro ein.

Beim Verbund verweist man auf das "energiewirtschaftliche Umfeld", das sich massiv verschlechtert habe. "Die Situation ist nicht einfach", sagte eine Sprecherin. Tatsächlich hat sich der Strommarkt in Europa in den letzten Jahren total gedreht. Bis 2008, als mit dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers die Wirtschaft erschüttert, die Konjunktur gebremst und die Stromnachfrage gedrosselt wurde, zählte Verbund gemeinsam mit CEZ (Tschechien) und Fortum (Finnland) zu den profitabelsten Unternehmen der Branche. Niedrige Produktionskosten aufgrund großteils abgeschriebener Wasserkraftwerke und hohe Strompreise machten den Stromverkauf für Verbund zu einem äußerst lukrativen Geschäft.

Vom Höchststand 2008 ist der Großhandelspreis für Grundlaststrom um rund die Hälfte auf 20 bis 30 Euro je Megawattstunde (MWh) gefallen. Hauptgrund sind neben der schwächelnden Konjunktur die massiv in den Markt drängenden erneuerbaren Energien. "Das wird zunehmend ein Problem", sagte der Geschäftsführer der E-Control, Martin Graf, dem STANDARD. "Solar- und Windkraftwerke haben null Grenzkosten, sind nicht Teil des Marktes - weil subventioniert - und drängen andere Erzeugungsformen hinaus." Sein Resümee: "Ein neues Marktdesign muss her."

Das könnte so aussehen, dass man den unbedingten Vorrang für Strom aus Wind- oder Solaranlagen kippt und durch ein Modell ersetzt, bei dem auf den Marktpreis für Energie noch eine Prämie für Erneuerbare draufkommt. Dann würde jene Kraftwerksanlage den Strompreis bestimmen, die gerade noch ans Netz genommen werden muss. Das ist zwar jetzt auch der Fall, im Gegensatz zur jetzigen Situation wären dann aber auch Wind- und Solaranlagen diesem Spiel unterworfen und kämen gemäß ihrer Kosten zum Einsatz. Am Dienstag gab es wegen der Windsituation in Deutschland Rekord-Stromimporte nach Österreich.

Bis das neue Marktdesign steht, werden die Zeiten für Verbund & Co schwierig bleiben, meinen Marktbeobachter. In den nächsten zwei Jahren zeichnen sich keine Preiserhöhungen auf den Großhandelsmärkten ab. Das führt zu der Situation, dass es Energieunternehmen wie der RWE noch vergleichsweise gut geht, die viele Kohlekraftwerke in ihrem Bestand hat. Im Vergleich zu Gas ist Kohle nicht zuletzt wegen der niedrigen CO2-Preise derzeit nämlich konkurrenzlos günstig. (Günther Strobl, DER STANDARD, 30.1.2013)