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Gemeinsame Feinde Facebook und Google: Gerald Grünberger (Zeitungsverband), Horst Pirker, lange Medienmanager, und Eva Dichand, die über eine Stiftung die Gratiszeitung "Heute" kontrolliert und mit dem "Krone"-Boss verheiratet ist.

Fotos: APA/Pfarrhofer, Schneider, Hochmuth

Wien - Vor Kartellbehörden rechnen sich auch Medien klein, die sonst ihre Größe betonen. Die News-Gruppe erfand noch Konkurrenzverlage, um "Profil" und "Trend" zu übernehmen, vermeintlich ohne kritische Marktanteile zu erreichen. Heute können Österreichs Marktbeherrscher wie ORF, Mediaprint, Styria auf reale Riesen zeigen: Google und Tochter Youtube, Facebook, Amazon.

"Wir haben 59 Prozent Reichweite bei Teenagern in Wien", sagt etwa Eva Dichand und meint ihre Gratiszeitung "Heute". "Facebook hat in Wien 90 Prozent der Teenager - das ist ein Machtmonopol."

Ihr Mann Christoph Dichand vertritt die Familie der Erben von 50 Prozent an der "Krone". Ob Eva Dichand einmal Anteile an dem alten Printriesen erben wird, will sie sich noch nicht überlegt haben. "Da ist viel wahrscheinlicher, dass wir die halbe Mediaprint kaufen." Ob das kartellrechtlich durchgehen könnte, will am Dienstag keiner der Juristen und Ökonomen im Saal der Wettbewerbsbehörde sagen, die zur Debatte geladen hat.

Aber im nächsten Satz verwirft Dichand, die über eine Stiftung "Heute" kontrolliert, die Mediaprint-Idee schon wieder: Sie investiert nicht mehr in Print. "Daran werden wir noch einige Jahre gut Geld verdienen." Dann tippt sie auf ein "Untergangsszenario" und investiert digital, etwa in ein Gesundheitsportal. "Die Konzentration in Print hat sich in fünf Jahren erledigt." Bei der Gelegenheit schlägt Dichand vor, Presseförderung nur noch über Medien auszuschütten, die keine Gewinne schreiben.

Vorschlag: "Drei Jahre keine öffentliche Werbung"

Weist man sie auf öffentliche Inserate für den Boulevard im vielfachen Wert hin, hat Dichand noch einen Vorschlag: "Drei Jahre keine öffentliche Werbung - dann gibt es nur noch uns, Eugen Russ ('Vorarlberger Nachrichten') und 'Kleine Zeitung' (Styria)."

Ein österreichischer Riese blitzt doch auf: 30 Millionen Euro habe der ORF für seine Onlineplattformen - da kann kein privates Onlinemedium mit, sagt Gerald Grünberger vom Zeitungsverband.

Grünberger, Horst Pirker (heute Saubermacher AG) und Hermann Petz (Moser Holding) führen zurück zu gemeinsamen Feinden aus den USA. "Wären Google und Facebook österreichische Unternehmen, die Wettbewerbsbehörde würde gegen klaren Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vorgehen", sagt Petz. Grünberger (und Behördenchef Theodor Thanner) sehen das als europäisches Thema. Und Pirker warnt vor "k. u. k. Reflexen" - Förderung, Beschränkung, "Kartelle" der Medialpartner. Es gelte, auch in der Besteuerung, die Kreativwirtschaft zu entwickeln, das Bildungssystem zu verbessern.

Mehr Freiheit in Russland

Überraschende Modelle nennt Dichand: China, Russland, "Diktaturen", zugegeben, und Türkei hielten Google klein. Aus politischen Gründen, räumt sie ein, und sagt doch: "In Wirklichkeit haben sie mehr Freiheit in digitalen Medien in Russland als in jedem anderen westlichen Land, weil sie die Marktmacht von Google durch Reglementierungen nicht zugelassen haben."

Das Zitat ist so auf Band. Wir ergänzen aber gern: Eva Dichand meinte nicht Medienfreiheit allgemein, betont sie in einer Reaktion auf unseren Beitrag und hebt noch einmal hervor, dass Google dort keine so dominante Rolle zukommt, sich der Suchtraffic auf zehn oder mehr Suchmaschinen aufteile, die zu teils sehr unterschiedlichen Ergebnissen führten: "Somit mehr Vielfallt, weil ein Monopol verhindert wurde, dies jedoch mit 'dikatatorischen' Maßnahmen." Und. "Das könnte aber eine EU-Wettbewerbsbehörde mit demokratischen Mitteln auch."

"Der Nutzer hat's in der Hand"

Michael Böheim, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo, sieht zuallererst den Einzelnen, die Einzelne gefordert, Google, Facebook und Co. nicht zur "Stasi auf freiwilliger Basis" zu machen (Petz erinnerte an diese Charaktierisierung von Michael Niavarani): "Der Nutzer hat's selbst in der Hand" - etwa indem man die Links aus Google-Suchergebnissen mit der rechten Maustaste anklickt und in einen anderen Browser kopiert öffnet. Oder indem man den Cache regelmäßig leert.

Böheim erinnert das Internet an Josef Schumpeters Idee der kreativen Zerstörung, eine Art Killerapplikation für die klassischen Medien. Die hätten es "bisher nicht geschafft", für dieses Medium neue, tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln. (Harald Fidler, DER STANDARD/derStandard.at, 30.1.2013)