Wien - Vertreter der Initiative "Religion ist Privatsache" haben nach Infos des STANDARD nun den Verfassungsgerichtshof angerufen: Mit Schweigeminuten zum Karfreitag habe der ORF „das verfassungsgemäße Gebot der konfessionellen und weltanschaulichen Neutralität" verletzt. Ebenso sieht die Beschwerde die zwei Vertreter gesetzlich anerkannter Religionsgemeinschaften im Publikumsrat als verfassungswidrig an, die bisher stets katholische und evangelische Kirche beschickt.

Die Beschwerde gegen die Schweigeminute bei der Medienbehörde KommAustria sowie in zweiter Instanz beim Bundeskommunikationssenat hatte keinen Erfolg. Nun beschwert sie sich bei den Höchstgerichten.

Eytan Reif bestätigt die Beschwerde für die Initiative und begründet sie so: Der ORF dürfe und müsse über Religion berichten. "Der ORF darf sich jedoch mit keiner Religion identifizieren oder diese aktiv fördern." das aber habe er "mit dem flächendeckenden Abhalten einer Schweigeminute ,zum Andenken an den Kreuztod Christi' getan - für die Initiative ist das schlicht "verfassungswidrig". Die Entscheidung von Behörde und Senat findet Reif "befremdlich".

Es sei zudem "höchste Zeit, ORF-Gremien von fremden Interessen zu befreien", findet Reif: "Wer kraft Gesetz als einzige Religionen die katholische Kirche und die evangelische Kirche in den Publikumsrat setzt und ferner dafür sorgt, dass ein Vertreter der katholischen Kirche einen fixen Platz im Stiftungsrat hat, fördert damit die pro-kirchliche Programmgestaltung."

Säkularität

Die Beschwerde beim Höchstgericht hat die Wiener Rechtsanwaltskanzlei Pfletschinger und Renzl ausgearbeitet. Das Prinzip der Säkularität sei in der Verfassung zwar nicht ausdrücklich normiert. Es leite sich aber aus dem republikanischen Grundprinzip und dem fehlenden Hinweis auf transzendente Zwecke sowie aus der Religions- und Gewissensfreiheit sowie dem Gleichheitsgrundsatz ab.

Im Verfahren verlangten die Beschwerdeführer vom ORF ein "staatlich neutrales Verhalten gegenüber Religionen und Weltanschauungen. Die Schweigeminute aber bevorzuge die christliche Religion und sei keine Form der Berichterstattung, sondern eine Inszenierung. Radio Niederösterreich habe neben der Schweigeminute etwa das Evangelium verlesen.

Missionierungsversuche unterbinden

Die Jungen Liberalen (JuLis) unterstützten die Beschwerde. Ihren Bundesvorsitzenden Nikolaus Scherak wundert, dass in einer pluralistischen Demokratie der Gang zum Verfassungsgerichtshof überhaupt notwendig geworden ist, "um Missionierungsversuche des ORF zu unterbinden. Für Scherak, der sich grundsätzlich schlankere und professionellere ORF-Gremien wünscht, veranschaulicht die vom ORF abgehaltene Karfreitagsschweigeminute "was passiert, wenn Interessensvertretungen kraft Gesetz im ORF-Publikumsrat bzw. -stiftungsrat die Programmgestaltung mitgestalten dürfen und bei der Wahl des Generaldirektors ein Stimmrecht haben". (fid, DER STANDARD, 30.1.2013/online ergänzt)