Kairo/Genf - Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, hat die sexuelle Gewalt gegen Demonstrantinnen in Ägypten kritisiert und einen besseren Schutz der Frauen gefordert. Bei den Protesten der vergangenen Tage seien mindestens 25 Frauen auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo sexuell belästigt worden - in einigen Fällen sei es zu schlimmer Gewalt gekommen. Die Täter kämen meist straffrei davon, erklärte sie am Dienstag. Die ägyptischen Behörden hätten versagt, die Frauen zu schützen.

Nach Angaben des Online-Portals "Egypt Independent" sollen Frauen in einigen Fällen auch mit Messern verletzt worden sein. Die Staatsanwaltschaft habe zu einem brutalen Übergriff inzwischen Ermittlungen eingeleitet. Auf dem Tahrir-Platz haben demnach am Freitag fünf Jugendliche eine 19-Jährige nach Anbruch der Dunkelheit in der Menschenmenge abwechselnd vergewaltigt. Dann hätten sie ihr Opfer bewusstlos liegen lassen. Sie habe schwere innere Verletzungen erlitten.

Eine ägyptische Frauengruppe veröffentlichte im Internet den Bericht einer Demonstrantin, die ebenfalls von Männern bedrängt wurde. Sie sei von allen Seiten angefasst, ausgezogen und mit Fingern vergewaltigt worden, schreibt sie. Eine Gruppe junger Männer habe dann versucht, sie an einen abgelegeneren, dunklen Ort zu drängen. Ihr sei es aber gelungen, einen Mann davon zu überzeugen, sie zu schützen und von den anderen wegzubringen.

In Ägypten gehören sexuelle Übergriffe auf Frauen zum Alltag. Die Regierung hatte dies lange Zeit tabuisiert. Internationale Aufmerksamkeit bekam das Thema bei den Massenprotesten gegen den damaligen Präsidenten Hosni Mubarak vor zwei Jahren, als die südafrikanische Journalistin Lara Logan ebenfalls auf dem Tahrir-Platz von mehreren Männern abgedrängt und Opfer sexueller Gewalt wurde.

Für weltweite Empörung sorgten auch die sogenannten "Jungfrauentests" an ägyptischen Demonstrantinnen im März 2011. Damals hatten Ärzte unter Androhung oder Anwendung von Gewalt festgestellt, ob die Frauen noch Jungfrauen waren. (APA, 29.1.2013)