Die Pestizid-Zusammensetzung des Korneuburger Grundwassers.

Foto: derStandard.at/Matthias Cremer

Korneuburg - Im Zusammenhang mit dem verunreinigten Korneuburger Grundwasser gibt es eine erneute Wende. Im Rahmen einer Studie wurden nun Pestizide festgestellt, deren Wechselwirkung das Wasser als Trinkwasser unbrauchbar macht.

Erst Mitte Dezember 2012 hatte die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) ein Unbedenklichkeits-Gutachten veröffentlicht, das die Verunreinigung des Grundwassers als ungefährlich für Menschen einstufte. Laut dieser Expertise könnten selbst Babys täglich 0,75 Liter davon trinken, auch wenn der Pestizidgrenzwert mehr als tausendfach überschritten wird.

Keine Trinkwasserqualität

Eine von der Stadt Korneuburg beauftragte und an der FH Technikum Wien durchgeführte Studie zeigt nun andere Ergebnisse. Für diese wurden 20 Wasserproben an 16 Stellen entnommen und sowohl deren Effekte auf Wasserpflanzen als auch auf menschliche Zellen untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass das Korneuburger Grundwasser eindeutig nicht mehr als Trinkwasser geeignet ist.

Pestizidcocktail im Grundwasser

Besonders bedenklich seien laut Franz Tatzberg, dem Autor der Studie, die Hinweise auf hormonell wirksame Chemikalien, die störend in den Hormonhaushalt des Körpers eingreifen. Diese können beispielsweise die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen oder das Risiko für hormonelle Tumore erhöhen.

Zudem haben die Untersuchungen gezeigt, dass neben den bereits bekannten Pestiziden auch Kontaminante wie Nitrit und Ammonium in bedenklicher Konzentration im Grundwasser vorhanden sind. Welche langfristigen Wirkungen dieser Pestizidcocktail hat, sei laut Tatzberg nicht abschätzbar.

Umstrittenes Gutachten

"Problematisch ist vor allem, dass diese Kombinationswirkungen in der Risikobewertung der Ages nicht berücksichtigt wurde", erklärt Helmut Burtscher, Umwelttechniker bei Global 2000. Bei herkömmlichen ökologischen Gutachten würden nur die Einzelsubstanzen untersucht, deren mögliche Wechselwirkungen aber außer Acht gelassen.

Burtscher kritisiert zudem, das die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg das Gutachten der Ages unter den niedergelassenen Ärzten des Bezirks verbreitet und potenzielle Gefahren für die menschliche Gesundheit damit verharmlost hat. In einem offenen Brief an die Ages und Gesundheitsminister Alfred Stöger fordert Global 2000 nun die Rücknahme des Unbedenklichkeits-Gutachtens.

Einleitung in die Donau

Grund für die Verschmutzungen des Grundwassers ist ein Unfall der Pharmafirma Kwizda im Jahr 2010. Der Konzern hat sich als Verursacher verantwortlich erklärt und muss die Sanierungskosten tragen. Die Vorgangsweise von Kwizda entspreche laut Elisabeth Kerschbaum, Umweltstadträtin der Stadt Korneuburg, im Moment aber eher einem Entsorgungs- als einem Sanierungskonzept. Seit Dezember 2012 werden pro Sekunde 40 Liter des verunreinigten Grundwassers in die Donau eingeleitet, was laut Studien-Autor Tatzberg verheerende ökologische Auswirkungen bis in das Schwarze Meer haben könne.

Die Bezirkshauptmannschaft wiederum spricht bei der Einleitung des Wassers in die Donau von einer kurzfristigen Maßnahme, allerdings wurde kein Enddatum für diese Vorgehensweise festgesetzt. Eine Reinigung des gesamten Grundwassers durch Einleitung würde aber viele Jahre dauern, so Global 2000-Experte Burtscher. Alternative Methoden, die jedoch ein Vielfaches kosten, werden laut Burtscher nur rund um das Firmenareal von Kwizda angewandt. Dort werden etwa Brunnen mit Aktivkohle gereinigt. (Elisabeth Mittendorfer, derStandard.at, 29.1.2013)