3D-Entwurf des mechanischen Systems zu Unterstützung von Armbewegungen.

Foto: TU Wien

Wien - Wissenschafter der Technischen Universität (TU) Wien haben ein "Exokelett" entwickelt, das Menschen mit degenerativen Nervenerkrankungen oder Querschnittlähmungen einen Teil ihrer Bewegungsfähigkeit zurückgeben könnte. Das System kommt völlig ohne Batterien und Motoren aus - Seilzüge und Federn reichen zur Unterstützung des Bewegungsapparats aus.

"Bei gewissen degenerativen Nervenerkrankungen können die Muskeln zwar noch bewusst angesteuert werden, kontrollierte, gezielte Bewegungen sind aber kaum mehr möglich", erklärte Margit Gföhler vom Institut für Konstruktionswissenschaften und Technische Logistik der TU Wien. Solche Patienten können oft nicht einmal mehr das Gewicht des eigenen Arms halten, geschweige denn eine Last heben, selbst wenn es nur ein Glas Wasser ist, das zum Mund geführt werden soll.

Gföhler hat gemeinsam mit Kollegen eine mechanische Vorrichtung konstruiert, die auf die Arme geschnallt werden kann und dann die Bewegung durch ein ausgeklügeltes System von Seilzügen und Federn unterstützt. Das mechanische System kann einerseits zusätzliche Kraft aufbringen, wenn eine Bewegung erleichtert werden soll, andererseits durch eine Bremse das Gewicht der Arme kompensieren, damit sie nicht unkontrolliert absacken. Die Wissenschafter haben das Exoskelett in zwei Versionen konstruiert: Eine Variante wird an einem Rollstuhl fixiert, eine zweite, leichtere wird nur am Körper getragen.

In italienischem Rehabilitationszentrum im Einsatz

Im Gegensatz zu bereits existierenden, größeren und schwereren Modellen, die in der klinischen Rehabilitation für das Training benutzt werden, ist das TU-Gerät für den Einsatz zu Hause - möglichst ohne fremde Hilfe - konzipiert. Derzeit ist das Exoskelett im italienischen Rehabilitationszentrum Villa Beretta in Costa Masnaga (Lombardei) im Einsatz. Im Rahmen einer klinischen Studie verwenden es dort Patienten mit neurodegenerativen Nervenerkrankungen oder hoher Querschnittlähmung als Unterstützung, um den möglichen Bewegungsraum des Armes zu vergrößern.

Das Exoskelett der TU-Wien in Aktion. (Quelle: Youtube)

Das Exoskelett wurde von vornherein auch speziell auf Elektrostimulation vorbereitet. Durch künstliche Aktivierung der Muskulatur mit Hilfe neuromuskulärer Elektrostimulation werde das System damit auch für Menschen interessant, die ihre Arme gar nicht mehr bewegen können, so Gföhler. Dabei werden entweder Signale von anderen Muskeln verstärkt, oder die Patienten suchen über Augenbewegungen aus einem Computermenü die Bewegungsmuster aus, die sie ausführen möchten. Auch diese Elektrostimulation wird derzeit im Reha-Zentrum Villa Beretta getestet. (APA/red, derStandard.at, 03.02.2013)