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Die Gaskonflikte der beiden Länder hatten in der Vergangenheit mehrfach Lieferunterbrechungen Richtung Westeuropa zur Folge.

Foto: Reuters/Fedosenko

Es droht ein neuer Gaskrieg zwischen Kiew und Moskau: Dem ukrainischen Staatskonzern Naftogas flatterte dieser Tage eine Rechnung über sieben Milliarden US-Dollar ins Haus. Begründung: Naftogas hat 2012 zu wenig Gas gekauft. Dem russisch-ukrainischen Gasvertrag von 2009 nach wurde die Liefermenge für das vergangene Jahr auf 52 Milliarden Kubikmeter festgelegt. Mindestens 80 Prozent dieser Menge, also in dem Fall 41,6 Milliarden Kubikmeter, muss die Ukraine abnehmen. Für alles, was darunter ist, gilt die Formel "take or pay". Das heißt, auch wenn die Ukraine das Gas nicht kauft, muss sie dafür bezahlen.

Gekauft hat Naftogas aber nur 24,9 Milliarden Kubikmeter. Die Differenz von 16,7 Milliarden Kubikmeter soll Kiew nun ausgleichen, und zwar zum Gaspreis, den die Ukraine im vierten Quartal zahlen muss: 430 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter. Damit zahlt der russische Nachbar wohl mehr als alle anderen Länder Europas.

Doch die Ukraine ist mit der russischen Lesart des Vertrags nicht einverstanden. "Über die Senkung des Verbrauchs wurde Gasprom im Voraus gewarnt", teilte der Pressedienst von Naftogas mit. Damit sei die Ukraine nur noch zur Abnahme von 33 Milliarden Kubikmeter verpflichtet. Diese Auflage habe Kiew erfüllt, denn neben der staatlichen Naftogas habe auch der Oligarch Dmitri Firtasch acht Milliarden Kubikmeter Gas bei Gasprom eingekauft. Zahlen will Kiew daher nicht.

Treffen vor Gericht

Gasprom kommentiert den Streit nicht, doch Experten glauben, dass der Monopolist vor ein internationales Schiedsgericht geht. "Verdienen daran werden vor allem die Anwälte", sagte der Chefanalyst der Alfabank Peter Szopo dem Standard. Allerdings ist Moskaus Forderung seiner Ansicht nach ein "Warnschuss", mit dem Russland auf die Bemühungen der Ukraine reagiert, sich aus der Abhängigkeit zu lösen. So kauft das Land inzwischen einen Teil seines Gases in Europa. Zudem unterzeichnete die Ukraine in Davos mit Shell ein Abkommen über die Förderung von Schiefergas.

Moskau macht Druck, um die Kontrolle über das ukrainische Pipelinenetz zu gewinnen, meint Konstantin Simonow, Leiter des russischen "Fonds für nationale Energiesicherheit". Präsident Wladimir "Putin ist persönlich des jahrelangen Dialogs über die Pipeline müde. Man hat den Ukrainern alles erklärt, alle Argumente aufgeführt und South Stream forciert, und trotzdem übergibt die Ukraine die Leitung nicht. Danach wurde entschieden, sie endgültig an die Wand zu nageln", sagte er.

"Capital"-Analyst Witali Krjukow sieht gute Chancen für Gasprom, vor Gericht zu gewinnen. Andererseits: Einen ähnlichen Streit mit der deutschen RWE haben die Russen schon verloren.  (André Ballin, STANDARD, 29.1.2013)