Wien/Brüssel - Die EU-Kommission ist seit Jahren bestrebt, den riesigen, bis dato kaum regulierten Online-Glücksspielmarkt zu liberalisieren. Im Oktober hat dazu EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier einen Aktionsplan vorgelegt, mit Fokus auf Schutz vor Geldwäsche und Betrug. Demnächst soll das Internetzocken im EU-Parlament behandelt werden. Die staatlichen Lotterien und terrestrischen Casinos haben offenbar Angst, dass die Lockerungstendenzen zu weit gehen und wenden sich mit einem offenen Brief an Barnier.

Barniers Bemühungen, die Bürger stärker zu schützen, gingen ins Leere, wenn nicht illegalen Anbietern von Online-Glücksspiel, die im übrigen meist aus Steuerparadiesen heraus agierten, der Kampf angesagt werde, argumentieren die European Lotteries (EL), deren Präsident Friedrich Stickler ist, die European Casino Association sowie die Vereinigung von Pferdewettenanbietern EPMA in einem Brief an Barnier, der der APA vorliegt. Weiters müsse die EU die exzessive Werbung von nicht erlaubten Anbietern untersagen, das wäre eine der effektivsten Maßnahmen gegen illegales Glücksspiel im Internet. Den terrestrischen Anbietern schwebt auch eine schwarze Liste mit verbotenen Plattformen vor. Unautorisierte Websites sollten geblockt werden.

Erneut bekräftigten die Casinos und Lotterien ihre Skepsis gegenüber einer EU-weiten Liberalisierung des Glücksspielsektors: Die meisten EU-Staaten würden nationale Regulierung präferieren, heißt es in dem Brief.

Süppchen kochen

Im Glücksspielbereich kochen bisher viele EU-Staaten ihr eigenes Süppchen. Vielfach weigern sie sich, ihren Markt zu öffnen, da sie ihre Monopolisten schützen wollen, was jedoch nicht immer mit EU-Recht konform geht. Beim Europäische Gerichtshof (EuGH) sind deshalb zahlreiche Verfahren anhängig (gewesen), unter anderem hat das EU-Gericht 2010 das österreichische Glücksspielmonopol gekippt. Die Rechtsprechung des EuGH ist aber nicht konsistent. Unter bestimmten Bedingungen dürfen die Nationalstaaten das Spielen weiterhin beschränken.

Für Online-Zocken gibt es bisher kaum Regeln. In einigen Staaten ist Pokern und Co. im Internet eigentlich verboten, Firmen wie bwin.party oder bet-at-home machen aber trotzdem Milliardenumsätze. Sie berufen sich auf die Dienstleistungsfreiheit der EU und argumentieren, dass sie mit einer Lizenz von Malta oder Gibraltar, wo die meisten wegen der geringen Steuern ihren Sitz haben, in der gesamten Union Glücksspiel anbieten dürfen. Da das Internet bekanntlich keine Grenzen kennt, ist es schwer, etwaige Verbote zu sanktionieren.

Seit Jahren graben Internet-Glücksspielfirmen klassischen Casinos das Wasser ab. Der Online-Markt wächst laut Schätzungen der EU-Kommission jährlich um 15 Prozent, für 2015 werden Einnahmen von 13 Mrd. Euro prognostiziert. (APA, 28.1.2013)