Tschechiens Bürger dürfen beruhigt sein. "Ich will nicht Präsident von Paten-Mafias sein, die an unserer Gesellschaft parasitieren und Blut aus ihrem Körper saugen", sagte ihr künftiger Präsident gleich nach der Wahl. Ein weiteres Beispiel für die blumig-deftige Sprache, mit der sich Miloš Zeman so etwas wie Narrenfreiheit in der tschechischen Politik erredet hat.

Und zugleich ein Beispiel für die Vielschichtigkeit eines Politikers, der wie kaum ein anderer Brüche und Kontinuität in der Tschechoslowakei, später Tschechien, seit 1945 personifiziert. Als sozialdemokratischer Ministerpräsident (1998-2002) machte Zeman den Ex-Kommunisten Miroslav Šlouf zu seinem Chefberater. In dieser Eigenschaft versprach Šlouf einem Prager Unterweltboss in einem Telefonat, für ihn bei einer Bank zu intervenieren. Der Mafia-Pate wurde 2006 von Unbekannten erschossen. Die Zeitung Mladá fronta Dnes veröffentlichte das Abhörprotokoll zwei Tage vor der Stichwahl.

Aber da war Zemans Zug in Richtung Hradschin schon abgefahren. Kontrahent Karl Schwarzenberg selbst hatte das Signal auf Grün gestellt, indem er das Thema Sudetendeutsche anschnitt. Ein aufgelegter Ball für einen Mann mit dem politischen Gespür Zemans. Prompt stellte er Schwarzenberg als potenziellen Handlanger sudetendeutscher Entschädigungsforderungen hin.

Aber auch hier liegt die Sache nicht so eindimensional. Als Premier bezeichnete Zeman zwar die Sudentendeutschen pauschal als "fünfte Kolonne Hitlers", las aber auch den eigenen Landsleuten die Leviten: Die größte Kundgebung, die Prag jemals sah, habe nicht bei der Wende 1989 stattgefunden, sondern 1942, als 250.000 Menschen auf dem Wenzelsplatz für Hitlerdeutschland demonstrierten.

Mit seinen 68 Jahren ist Zeman ungefähr so alt wie die (1993 geteilte) Nachkriegs-Tschechoslowakei. Während des Prager Frühlings 1968 war er kurz KP-Mitglied, wurde aber nach der Warschauer-Pakt-Invasion ausgeschlossen. 1993 wurde er Chef der Sozialdemokratischen Partei, von der er 2007 im Unfrieden schied. Ende 2009 gründete er die linkspopulistische Partei der Bürgerrechte.

Zeman ist in zweiter Ehe mit Ivana (47) verheiratet, die bisher öffentlich kaum auftrat. Tochter Katerina (19) bedeutet es, wie sie meint, nichts, "wenn jemand sagt, dass Papa ein Flegel ist, und es nicht mit konstruktiver Kritik belegt". (Josef Kirchengast /DER STANDARD, 28.1.2013)