Bild nicht mehr verfügbar.

Ewald Nowotny

Foto: REUTERS/Herwig Prammer

STANDARD: Sie wurden zum zweiten Mal zum Notenbank-Gouverneur ernannt. Wie stolz sind Sie darauf, ein Proporz-Gremium zu führen?

Nowotny: Ich freue mich über die Ernennung; der Gouverneursposten war mein Traum, seit ich Ökonom bin. Und ich habe auf EZB-Ebene großen Zuspruch gefunden, begonnen von Mario Draghi waren alle froh, dass sie weiterhin mit mir rechnen können. Und wegen des Proporzes: In jedem Land der Welt wird die Entscheidung für Notenbankchefs legitimerweise von politischen Gremien getroffen. Meine eigene Berufung war aber nicht Ergebnis eines politischen Verhandlungsprozesses.

STANDARD: Sie fühlen sich also nicht als Politbesetzung?

Nowotny: Im Gegenteil. Ich habe mir durch lebenslange harte Arbeit verdient, dass ich das nicht bin. Ich wurde von allen Seiten gebeten weiterzumachen.

STANDARD: Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren fürs Direktorium sind doch eine Farce. Bestellt werden die, die die Politik will.

Nowotny: Wir haben ein sehr gutes Team, mit dem man gut arbeiten kann. Dass hauseigene Leute in Leitungsfunktionen kommen, ist auch in anderen Banken so; sie haben eben schon bisher in dem Gebiet gearbeitet.

STANDARD: Kurt Pribil kommt aus der FMA ins Direktorium. Der Aufseherposten ebendort ist aber gar nicht vakant, den besetzt der neue Vizegouverneur Andreas Ittner.

Nowotny: Pribil stammt aus der OeNB, kennt sie sehr gut und hat auch in der FMA sehr große Verwaltungserfahrungen gesammelt, die er selbstverständlich auch in der OeNB einsetzen kann.

STANDARD: Sie haben 2008 versprochen, dass "bei Postenbesetzungen unterhalb des Direktoriums die Politik keine Rolle spielen wird". Erst jüngst wurde ein Gruppenleiterjob kreiert und mit einem Ex-Mitarbeiter von Kanzler Faymann besetzt. Es haben sich auch etliche qualifizierte Frauen aus dem Haus beworben. Riecht sehr nach Politik.

Nowotny: Nein. Der Mann ist für diese Position der Geeignetste, hat bis 2005 in der OeNB in dieser Gruppe als Ökonom gearbeitet, war dann vier Jahre in Brüssel bei der EU-Kommission und danach Wirtschaftsberater des Kanzlers. Und was die Frauenförderung betrifft, hat sich die in meiner Amtszeit sehr verbessert, wir haben allein neun Gruppenleiterinnen ernannt. Es gibt kein Unternehmen in Österreich, das so großzügige Möglichkeiten einräumt, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Darauf bin ich wirklich stolz.

STANDARD: Es gibt noch immer keine Hauptabteilungsleiterin.

Nowotny: Stimmt. Aber ich bin mir sicher, dass sich das im Lauf der Zeit ändern wird.

STANDARD: Sie hatten sich vorgenommen, die sogenannten Notenbank-Privilegien, vor allem die OeNB-Betriebspensionen, zu reduzieren. Damit sind Sie gescheitert.

Nowotny: Wir haben das Maximum dessen erreicht, was rechtlich möglich war. Bei den Pensionen geht es um Einzelverträge, die seit 1993 nicht mehr abgeschlossen werden und in die man kaum eingreifen kann. Dafür haben wir ein weiteres neues Dienstrecht etabliert, das sich an der Branche orientiert, wir haben dar Fremdpersonal angestellt. Und wir werden die OeNB-Wohnungen bzw. Wohnanlagen verkaufen.

STANDARD: Sie waren Abgeordneter, Hochschullehrer, Banker. Wie viele Pensionen haben denn Sie?

Nowotny: Ich bin ja noch in jugendlichem Alter, darüber denke ich nicht nach. Aber auf meine Pensionen als Abgeordneter und Hochschullehrer, die mir schon zustünden, habe ich verzichtet.

STANDARD: In Salzburg ist Zockerei mit Steuergeldern aufgeflogen. Was ist in die Beamten und verantwortlichen Politiker dort gefahren?

Nowotny: Ich kann den Fall nur aus der Ferne beurteilen. Es scheint, dass verfehlter Ehrgeiz im Spiel war, Salzburger Beamte wollten offenbar in der Liga der ganz Großen spielen und waren überfordert. Geschäfte mit komplizierten Finanzprodukten brauchen laufende Beobachtung und sofortige Reaktion; daran dürfte es gefehlt haben. Begonnen hat diese Fehlentwicklung, als sich die weltweite große Spekulationsbereitschaft bis in die Bundesländer durchschlug.

STANDARD: Sie hat sich damals bis in die Bundesfinanzierungsagentur Öbfa durchgeschlagen...

Nowotny: Ja, und wir als Notenbank waren dann an der Erstellung der Richtlinien für die ÖBFA beteiligt, das hat sich sehr bewährt. Ich gehe davon aus, dass dieses Modell auf die Bundesländer übertragen wird.

STANDARD: Wird die OeNB da eine Rolle spielen?

Nowotny: Wir sind in unserer Funktion als Servicestelle des Staatsschuldenausschusses bei den Bemühungen dabei, die Gesamtverpflichtungen der Länder und Gemeinden festzustellen. Wir versuchen, den echten Schulden- und Haftungsstand zu eruieren. Das geht zum Beispiel bis zur Frage, ob die Schulden der ausgegliederten Gesellschaften einzurechnen sind. Derzeit kennen wir zwar Zahlen, aber wir können nicht sagen, ob das jetzt wirklich alles ist.

STANDARD: Länder und Gemeinden haben ja nicht einmal ein einheitliches Rechnungswesen ...

Nowotny: ... das eine Selbstverständlichkeit sein müsste. Dafür brauchen wir Gesetze, und ich hoffe, dass diese bald geschaffen werden. Dass sich Länder oder Gemeinden Geld ausborgen, um damit zu spekulieren, ist unerträglich; auf Bundesebene ist das nach der ÖBFA-Reform absolut ausgeschlossen. Ich gehe davon aus, dass solche Regelungen auch für die Länder kommen werden; und die müssen für alle einheitlich sein. Da darf nicht wieder jedes Bundesland seine eigenen Regeln basteln. (Renate Graber, DER STANDARD, 28.1.2013)