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OECD-Generalsekretär Angel Gurría fordert nach den Notfallprogrammen nun eine Beschäftigung mit den strukturellen Folgen der Krise.

Foto: Keystone, Laurent Gillieron/AP/dapd

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Leichtigkeit in Davos: IWF-Vorsitzende Christine Lagarde und Mark Carney, Chef der kanadischen Notenbank

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Diesmal ist einiges anders in Davos. Das traditionelle Auftaktpanel beim Weltwirtschaftsforum in Davos ist seit Jahren der globale wirtschaftliche Ausblick. Heuer wurden die Prognosen fast zum Ende des Treffens am Samstagnachmittag geliefert. Moderator Martin Wolf, Kolumnist der Financial Times, stieg mit der Bemerkung ein, das erste Mal seit 2007 habe er in Davos nicht den Eindruck, dass eine Katastrophe unmittelbar bevorstehe. Er verwies darauf, dass es in der entwickelten Welt praktisch kein Wachstum gegeben habe, in China dagegen insgesamt 60 Prozent. "Wir haben eine geteilte Welt", sagte Wolf.

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, wandte sich dann vom Podium aus an einzelne Weltregionen. Ihre Einschätzung zur Eurozone: "Wir sehen eine sehr schüchterne Erholung 2013. Entspannen Sie sich noch nicht!" Sie verwies auf die IWF-Prognose, dass die Wirtschaft heuer um 0,2 Prozent schrumpfen werde. "Aber für 2014 haben wir Positives vorhergesagt." Fragil bleibe es, drei von 17 Euroländern bräuchten Hilfsmittel des IWF. "Ein weiteres kommt demnächst, Zypern", sagte Lagarde. Verschnaufpausen dürfe man sich weder in Europa, noch sonst wo auf der Welt gönnen.

"Nicht zu hart, nicht zu rasch"

Sie appelliere, dass "die Werkzeuge im Euroraum weiter betriebsbereit sein müssen". So müsse die Bankenunion vorangetrieben werden, die Wettbewerbsfähigkeit der Eurozone müsse gesteigert werden. Ihr Appell an die USA: "Bei der Haushaltskonsolidierung weitermachen, aber nicht zu hart, nicht zu rasch." Sie richtete sich auch an China. "Es muss mehr Investitionen im eigenen Land geben statt Exportorientierung."

Sehr konkrete Erwartungen hat sie an Japan: "Japan hat sehr wichtige Entscheidungen getroffen. Wir sind sehr interessiert daran. Wir möchten aber, dass diese Maßnahmen mit einem mittelfristigen Plan komplettiert werden, wie die Schulden abgebaut werden."

Der japanische Wirtschaftsminister Akira Amari verteidigte die unter anderem von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in Davos kritisierten Währungsmanipulationen. Die Abwertung des Yen habe sich gelohnt, sagte er und versicherte, dass Japan heuer ein Wachstum von zwei Prozent schaffen werde. Das solle mit dem in der Fachwelt geprägten Begriff Abenomics - eine Anspielung an Regierungschef Abe - gelingen.

Gemeinsame Erklärung zur Deflation

Moderator Wolf gab die von in Davos vorherrschende Meinung, die Unabhängigkeit der japanischen Notenbank sei gefährdet, weiter. Amari antwortete, man könnte davon ausgehen, dass die Unabhängigkeit der Notenbank reduziert werde. "Aber die Regierung wird das eine tun, die Notenbank das andere." Man habe sich lediglich auf eine gemeinsame Erklärung zur Deflation verständigt.

Der Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit OECD, Angel Gurría, reagierte unmittelbar darauf: "Wir begrüßen die Wachstumsimpulse. Aber die geld- und währungspolitischen Fragen geben Anlass zu gewisser Skepsis."

Yi Gang, Vizegouverneur der chinesischen Notenbank, gab die Einschätzung wieder, dass die Wirtschaft seines Landes nach 7,8 Prozent 2012 heuer um acht Prozent wachsen werde. Er versichert: "Wir werden weiterhin makroökonomische Maßnahmen setzen, um den Binnenmarkt zu fördern." Gang kündigte an, sein Land werde mehr als bisher Umweltschutz und Energieeffizienz in den Mittelpunkt stellen.

Politik habe häufig zögerlich reagiert

Der Chef der kanadischen Notenbank, Mark Carney, sieht "für die nächsten zwei Jahre noch große Herausforderungen", die Zentralbanken könnten nicht alleine die Risiken minimieren. Lagarde forderte "gewisse geldpolitische Maßnahmen", die aber mit den haushaltspolitischen Konsolidierungen in den Ländern einher gehen müssen.

Der südafrikanische Finanzminister Pravin Gordhan appellierte an die europäischen Länder: "Wir möchten, dass Europa zusammensteht und Entscheidungen trifft. Man muss schauen, was mit den Menschen geschieht."

Gurría warf den europäischen Staaten vor, viel Zeit verloren zu haben. "Das Problem Griechenland hätte vor zwei Jahren gelöst werden können." Die Politik habe häufig zu zögerlich reagiert. Er appellierte, man müsse sich nach den Notfallprogrammen den Auswirkungen im sozialen Bereich und Strukturreformen zuwenden. Er nannte die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und Bildung. Sein Fazit: "Das Bild ist noch nicht rosig, auch wenn das Schlimmste überstanden ist." (Alexandra Föderl-Schmid aus Davos, DER STANDARD, 26.1.2013)