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Freude bei Milos Zeman, Tschechiens erstem direkt gewählten Präsidenten.

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 Zuvor posierte Zeman für die Fotografen mit seiner Tochter Katerina im Wahllokal.

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Auf einer Pressekonferenz erkennt Karel Schwarzenberg seine Niederlage an.

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Prag - Der frühere sozialdemokratische Ministerpräsident Milos Zeman wird neuer Präsident Tschechiens. Zeman setzte sich in der Stichwahl gegen den liberal-konservativen Außenminister Karel Schwarzenberg durch. Für Zeman stimmten nach Angaben des Tschechischen Statistikamtes vom Samstag nach der Auszählung von 99 Prozent der Wahllokale 54,8 Prozent der Wähler, für Schwarzenberg 45,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag in der Stichwahl bei 59,1 Prozent, um zwei Prozent unter jener in der ersten Runde vor zwei Wochen. Schwarzenberg gewann in der Hauptstadt Prag, während die Regionen - alle übrigen 13 Kreise - für Zeman stimmten.

Rund 8,5 Millionen Tschechen waren aufgerufen, über das Staatsoberhaupt zu entscheiden. Der Präsident wurde erstmals in der Geschichte Tschechiens bzw. der Tschechoslowakei direkt vom Volk gewählt. Das scheidende Staatsoberhaupt, Vaclav Klaus, dessen Amtszeit am 7. März zu Ende geht, durfte nicht mehr kandidieren, weil er schon zwei fünfjährige Amtsperioden hinter sich hat und eine dritte laut Verfassung nicht zulässig ist.

Vorgezogene Parlamentsawhlen

Milos Zeman erklärte in erster Reaktion auf die Ergebnisse der Präsidentenwahl, er verspreche, er wolle Staatspräsident der "unteren 10 Millionen Bürger" seines Landes sein, das etwa 10,5 Millionen Einwohner hat. "Ich will nicht Präsident von Paten-Mafien sein, die an unserer Gesellschaft parasitieren und Blut aus ihren Körper aussaugen", betonte er. An die Regierung von Petr Necas gerichtet, meinte Zeman, dass ein linksgerichteter Präsident zwangsläufig "ein Gegner einer rechtsgerichteten Regierung" sei. Die Regierung halte sich nur noch dank einer Partei an der Macht, die "nicht aus freien Wahlen hervorgegangen ist und aus Überläufern besteht", sagte er. Daher sei es "wünschenswert, vorgezogene Neuwahlen zu organisieren".

In Anspielung auf den harten Wahlkampf erklärte er, dieser sei wie das Fußballspiel zwischen den beiden rivalisierenden Prager Mannschaften Sparta Prag und Slavia Prag gewesen. "Jetzt kommt das Spiel für die Nationalmannschaft der Tschechischen Republik", so Zeman. Seine erste Auslandsreise im Amt des Staatschefs werde in die Slowakei führen.

Kritik an den Medien

Zeman "bedankte" sich mit offensichtlicher Ironie den Medien, die seinen Konkurrenten Karel Schwarzenberg unterstützt hätten. "Diese voreingenommene Kampagne hat die unentschiedenen Wähler überzeugt, mich zu wählen", meinte Zeman, der - wie beim ihm üblich - nicht mit Kritik an heimischen Medien sparte. "Ich bitte die intelligenten Journalisten um Fragen", sagte er zu Beginn der Pressekonferenz. Später sagte er noch, dass es unter den (heimischen) Journalisten "fast keine Professionellen gibt".

Schwarzenberg erkennt Niederlage an

Karel Schwarzenberg hat seine Niederlage bei der tschechischen Präsidentschaftswahl anerkannt. Zehn Prozent Stimmen Unterschied seien klar, sagte der unterlegene Kandidat am Samstag gegenüber Journalisten in Prag. Er gratulierte dem neu gewählten Präsidenten. "Milos Zeman ist selbstverständlich ein legitimer Präsident." Und er ergänzte: "Ich hoffe, er wird Präsident aller Tschechen."

In Bezug auf die Beziehungen zwischen Tschechien zum Ausland sagte er: "Ich hoffe, er wird ein besserer Präsident" als der scheidende Vaclav Klaus.

Schwarzenberg dankte seinen Unterstützern und Wählern. "Ich danke Ihnen, sehen wir uns in besseren Zeiten wieder." Er sei stolz auf sein Wahlteam, das nie Lügen verbreitet und Angriffen unter der Gürtellinie verfallen sei, erklärte er offenbar in Anspielung auf den aggressiven Wahlkampf.

Lopatka erwartet "gute Kooperation"

Außenamts-Staatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) erwartet von Zeman eine Fortsetzung der guten Kooperation mit Österreich. Die Zusammenarbeit mit Tschechien in der EU habe in den vergangenen Jahren gut funktioniert, sagte Lopatka am Rande des Gipfels der EU mit den Staaten Lateinamerikas und der Karibik in Santiago de Chile gegenüber der APA. "Daran wird sich auch unter Zeman nichts ändern, denke ich." Lopatka würdigte auch explizit Schwarzenberg. Dieser habe in einer bewundernswerten Art seine politische Linie in den vergangenen Jahren durchgezogen. "Er hat sich auch im Wahlkampf nicht verbiegen lassen, das verdient höchste Anerkennung."

Dem Votum war ein zum Teil aggressiver Wahlkampf vorausgegangen. Dabei war die Frage der Benes-Dekrete und der Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg wohl das heißeste Thema. Schwarzenberg hatte erklärt, dass die Vertreibung aus heutiger Sicht eine grobe Menschenrechtsverletzung darstelle und sich der damalige Präsident Edvard Benes nach heutigen Standards vor einem Tribunal in Den Haag verantworten hätte müssen. "Sie reden wie ein Sudetendeutscher", hatte Zeman darauf reagiert. Benes gilt in Tschechien als Nationalheld.

Klaus unterstützte Zeman

Auch Klaus hatte sich in den Wahlkampf eingeschaltet. Der EU-Kritiker bezog klar für Zeman Position. "Mir geht es einfach darum, dass ein Mensch Präsident wird, der zu diesem Land gehört, der Bestandteil dieses Landes ist, der hier sein Leben (... ) verbracht hat", in guten wie in schlechten Zeiten, sagte Klaus. Er spielte damit darauf an, dass Schwarzenberg nach der Machtübernahme der Kommunisten 1948 nach Österreich ins Exil ging.

Schwarzenberg und Zeman gaben ihre Stimmen bereits am Freitag ab. Schwarzenberg sorgte dabei für Aufsehen, weil er den Wahlzettel direkt in die Urne warf, ohne ihn zuvor in den amtlichen Umschlag zu stecken. Seine Stimme war deswegen ungültig.

Sehr angesehenes Amt

Der tschechische Präsident erfüllt vor allem repräsentative Aufgaben. Das Amt gilt als sehr angesehen, was auf den ersten Staatspräsidenten Tomas G. Masaryk zurückgeht. Zu den wichtigsten Befugnissen des tschechischen Staatsoberhauptes gehört das Recht, ein Veto gegen Gesetze einzulegen und diese dem Parlament zur nochmaligen Beratung zurückzuweisen. Er ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten und - auf dessen Vorschlag - die Regierung sowie die Spitzen des Verfassungsgerichts und der Nationalbank und beruft die Sessionen des Parlaments ein. Das Abgeordnetenhaus kann der Präsident nicht beliebig auflösen, sondern nur unter bestimmten, in der Verfassung strikt festgelegten Bedingungen. (APA, 26.1.2013)