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Monti verspielt zunehmend seine Chancen auf einen Wahlerfolg zunehmend.

Foto: AP/Monaldo

Er spricht lieber am Weltwirtschaftsforum in Davos als vor unschlüssigen italienischen Wählern. Er liebt das akademische Umfeld, die Begegnung mit Ökonomen und Regierungschefs. 13 Monate lang hat er auf Kritik an den ungeliebten Parteien verzichtet, die seinen beinharten Sanierungskurs unterstützten. Hartnäckig leugnete er jede Versuchung, in die Politik einzusteigen. Dann entschied er für das Gegenteil. Mit seinem Schritt hat sich der aristokratisch wirkende Professor viele Sympathien verscherzt und seine Chancen auf das Amt des Staatspräsidenten verspielt. Obwohl er Italiens Parteien für "nicht reformfähig" hält, wählte der 67-jährige als Partner ausgerechnet zwei politische Dinosaurier : Pier  Ferdinando Casini und Gianfranco Fini - beide seit einem  Vierteljahrhundert in der Politik, beide ehemalige Koalitionspartner seines Gegenspielers Silvio Berlusconi. Keine idealen Weggefährten für einen Mann, der das Uralt-System der politischen Mauschelei abschaffen will. Sein vordergründiges Ziel scheint klar: er will den Sieg der Linken vereiteln. Aber was er langfristig anstrebt, bleibt mysteriös. Ein Ministeramt in der zukünftigen Regierung lehnt er ab. Nicht ausgeschlossen, dass er seine Meinung erneut ändert. Dass ein Mann vom Format Mario Montis sich mit einem Schattendasein als Einflüsterer einer heterogenen 15 Prozent-Liste zu führen, scheint unwahrscheinlich.

Attacken auf die Linke

Monti muß vor allem im rechten Lager um Stimmen werben. Sein Wahlkampf gleicht einem täglichen Balanceakt zwischen den verachteten Kategorien rechts und links. Ein Schlag nach rechts gegen den
"Rattenfänger" Berlusconi, einen nach links auf die "extremistischen" Verbündeten Partito Democratico - ein ermüdendes Ritual . Linken ist die hohe Zahl von Unternehmern auf Montis Liste suspekt, Liberale  stoßen sich an den zahlreichen katholischen Kandidaten und der unmißverständlichen Unterstützung des Vatikans. Der ehemalige  Goldmann-Sachs Berater muß sich gegen den Vorwurf wehren,  der Kandidat der Kirche und der Unternehmer zu sein. Seine  Dauerangriffe auf die Linke - die einzige Kraft, mit der Monti regieren kann - beschädigt sein Verhältnis zu Pier Luigi Bersani, dem  Anwärter auf das Amt des Regierungschefs: "In den 13 Monaten, in denen wir seine Regierung unterstützten, haben wir nie Kritik gehört. Jetzt drischt er täglich auf uns ein", ärgert sich Parteichef Bersani: "Er blickt stets von oben auf alle herab. Ich ziehe es vor, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen."

Am Wochenende sorgte Monti mit einer neuen Rochade für Verwunderung: er könne sich eine Zusammenarbeit mit dem  Popolo della Libertá gut vorstellen - allerdings ohne Berlusconi. Das überflüssige Angebot wurde von PDL-Chef Angelino Alfano mit Häme zurückgewiesen. In Montis Koalition mit Pier Ferdinano Casini knistert es bereits nach wenigen Wochen. Der amtierende Premier kommentiert die Meinungsverschiedenheiten mit dem schlitzohrigen Christdemokraten wie gewohnt kryptisch: "Wir gehen getrennte Wege. Aber in Harmonie." Der professorale Slalom scheint sich auch in den Umfragen auszuwirken. Derzeit liegt  Montis Partei Scelta civica bei acht Prozent. Mit seinen Koalitionspartnern  Casini und Fini kommt er auf bescheidene 13 Prozent. (Gerhard Mumelter, derStandard.at, 26.1.2013)