Wien/Legnano - "Solch einen Fall gab es noch nie", sagt der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny zu einer ungewöhnlichen Anfrage aus Italien: In der Stadt Legnago hat sich ein Komitee gebildet, das die Gebeine des auf dem Wiener Zentralfriedhof bestatteten Komponisten Antonio Salieri zurück in dessen Geburtsstadt holen möchte.

Salieris Lebensweg

Geboren wurde Antonio Salieri am 18. August 1750 in der venetischen Stadt Legnago (nicht zu verwechseln mit Legnano), wo er allerdings nur seine Jugend verbrachte. Nach Zwischenstationen in Venedig und Padua kam er bereits 1767 nach Wien, wo er am kaiserlichen Hof reüssierte und bis zu seinem Tod am 7. Mai 1825 blieb. Daraufhin wurde der erfolgreiche Musikschaffende und berufliche Konkurrent Mozarts zunächst auf dem Matzleinsdorfer Friedhof bestattet, bevor er 1874 exhumiert wurde und auf dem Zentralfriedhof ein Ehrengrab erhielt. Gruppe 0, Reihe 1, Nr. 54 lautet Salieris derzeitige "Adresse".

"Salieri ist ein Teil der Wiener Musikkultur," sagt denn auch Mailath-Pokorny. Man würde eine etwaige Anfrage natürlich prüfen, aber eine Rückführung der sterblichen Überreste Salieris sei doch "eher unwahrscheinlich".

Optimismus in Italien

"Salieri wird nach Hause geholt", titelt nun aber die italienische Zeitung "L'Arena" aus Verona. So hat sich der Verein "Legnago per Salieri" gegründet, um die sterblichen Überreste des Komponisten in seine Geburtsstadt zu überführen. Ihren Sitz hat die Vereinigung unter Vorsitz des einstigen Landrats Franco Bozzolin im Teatro Salieri von Legnago, wo seit dem Jahr 2000 in unregelmäßigen Abständen ein Salieri-Opernfestival veranstaltet wird.

Auch der Bürgermeister von Legnago, Roberto Rettondini, unterstützt die Initiative: "Ich gehe mit den erklärten Zielen absolut d'accord." Man prüfe nun, wie sich die Kommune in die Vereinigung einbringen könne. In deren Statuten heißt es: "Die Hauptziele des Komitees sind die Überführung der Gebeine des legnagesischen Komponisten in seine Geburtsstadt und die Würdigung der historischen und künstlerischen Persönlichkeit." Man werde entsprechend einen würdevollen Grabplatz in Legnago sicherstellen.

... aber auch Realismus

Dazu werde man mit Wien und den zuständigen Behörden demnächst den Kontakt suchen. "Uns ist bewusst, dass der Weg, Salieri in seine Heimat zu holen, kein kurzer sein wird. Auch haben wir die bisherigen Initiativen vor Augen, die allesamt nicht gut ausgegangen sind", zeigte sich Vereinsvorsitzender Bozzolin vorsichtig optimistisch.

In Wien ist man hingegen weniger zuversichtlich. "Aus grundsätzlichen pietätischen Gründen hat man eine Exhumierung bei Ehrengräbern noch nie in Erwägung gezogen", unterstrich ein Mailath-Pokorny-Sprecher. Die Stadt hat die Obhut über das Grab, weil es keine Familie des Künstlers mehr gibt. (APA/red, derStandard.at, 25. 1. 2013)