Ex-Kommissar Fischler: "Ganz bestimmt niemand" solle sich sorgen.

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Wasser ist ein Menschenrecht. Für viele Europäer ist es eine Selbstverständlichkeit. Doch ein EU-Richtlinien-Vorschlag, der die Privatisierung kommunaler Wasserversorgung transparenter macht, verbreitet unter den Bürgern Angst. Nun kalmiert Ex-EU-Kommissar Franz Fischler im Ö1-"Morgenjournal": Der Vorstoß sei wichtig und richtig, "weil man die Erfahrung gemacht hat, dass da ziemlich viel Mauscheleien laufen in verschiedenen Ländern Europas". Transparenz bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen in Bereichen wie Wasser, Müll und Breitband sei angebracht.

Diffuse Angst vor Konzernen

Der Vorschlag wurde am Donnerstag in einem Ausschuss des Europaparlamentes abgenickt. Die Bürger sind bis dato trotzdem skeptisch. Ein erst kürzlich gestartetes EU-Bürgerbegehren gegen das Vorhaben hat es bereits auf knapp 600.000 Unterschriften gebracht. Werden es bis September dieses Jahres eine Million oder mehr, muss sich die EU-Kommission der Sache annehmen.

Besonders verwundert ist Fischler über die Angst der Bürger vor dem Ausverkauf des Wassers. "Ganz bestimmt niemand" solle sich Sorgen machen, wegen der EU-Richtlinie werde die Wasserversorgung nicht an irgendwelche Konzerne veräußert, so Fischler. Wer lese, sei klar im Vorteil: "Nur wenn sich eine Gemeinde entscheidet, Firmen zu beauftragen, kann der Bürgermeister das nicht mehr unter der Hand an irgendwelche guten Bekannten vergeben. Das soll abgestellt werden."

Kümmerlicher Geldsegen

Auch die Angst, dass ein Bürgermeister aus Geldnot den Hahn für Private aufmacht, versucht Fischler zu zerstreuen. Der Schuldenabbau werde "auf diese Weise sowieso nicht passieren, weil da kein Geld im großen Stil in die Gemeindekassen fließt". Eine Ausnahme seien ganz große Städte wie London und Paris.

Ganz so ist es aber nicht. So haben etwa die Gemeinden Mauerbach und Gablitz im Bezirk Wien-Umgebung im Jahr 2010 den Betrieb der Trinkwasserortsnetze an den Energiekonzern EVN übertragen. Die EVN Wasser hat laut Eigenangaben den Gemeinden ein "günstiges Angebot" gelegt. Sie hat in Gablitz laut Kaufvertragsmuster 250.000 Euro netto dafür gezahlt.

Im Gegenzug zum wohl eher für ihn günstigen Deal hat der niederösterreichische Versorger dafür gesorgt, dass die Bewohner in den Genuss des Wassers der 2. Wiener Hochquellwasserleitung kommen. Laut Eigenangaben hat man dafür eine 2.300 Meter lange Transportleitung und zwei Druckanhebungsstationen errichtet. Mauerbach hat rund 1.500 Hausanschlüsse, Gablitz 1.900.

Kein Allheilmittel

Dennoch stellt Ex-Kommissar Fischler in Abrede, dass Privatisierungen in Brüssel als Allheilmittel angesehen würden. "Was habe ich von einem günstigen Angebot eines Privaten, und der geht nach drei Jahren pleite?", sieht er sehr wohl die Mängel so manchen Privatisierungsfalles. (sos, derStandard, 25.1.2013)