Ein peinliches Schauspiel, das da am Donnerstag im Grazer Gemeinderat ablief: Einzelne Abgeordnete hatten in einer geheimen Wahl nicht - wie zuvor lauthals von ihren Klubs verkündet - die Kommunistin Elke Kahr zur Vizebürgermeisterin gewählt. Die Sitzung musste unterbrochen werden. Die wackelige Dreierkoalition, die ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl mit FPÖ und SPÖ schloss, steht vorerst ohne Stadtregierung da und unter einem schlechten Stern.

Es ist gut, wenn Mandatare nach ihrem Gewissen abstimmen, Klubzwang macht sie zu Hampelmännern. Doch darum ging es nicht. Es war bloßes Kalkül, mit dem man eine Politikerin ausbremsen will, die noch im Wahlkampf selbst von ihren Gegnern gelobt wurde. Als sie 20 Prozent der Stimmen bekam, als fast alle anderen Parteien Verluste einfuhren, war Schluss mit lustig. Kahr wird das verkraften. Sonst hätte sie in der Politik nichts verloren. Wer es aber nicht verkraften wird, sind Kahrs Wähler. Die haben sie gewählt, auch weil sie im Wahlkampf Nein zu Privatisierungen sagte.

Dass sie auch nach der Wahl in Verhandlungen mit Nagl dabei blieb, bestraft dieser nun. Die ÖVP wählte Kahr nicht, steht aber dazu. Grüne und FPÖ schieben sich die ungültigen Stimmen und den Wortbruch gegenseitig in die Schuhe. Irgendwer schummelt und hält die Wähler für dumm. Sollte die FPÖ demnächst den Vizebürgermeister stellen, könnte das ein Hinweis darauf sein, wer. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 25.1.2013)