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Als Ken Livingstone 2003 die "Congestion Charge"einführte, wurde ein Debakel prognostiziert. Das Gegenteil war der Fall.

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Jetzt fordert der VCÖ eine Citymaut für Wien, Graz, Linz und Salzburg.

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Wien/London - "Bei der Frage, ob man eine Citymaut einführt, geht es null um die Technik. Das ist längst gelöst", betont Erwin Toplak, Geschäftsführer von Kapsch Trafic Com. "Entscheidend sind die lokalen Probleme und Bedürfnisse - und dann einzig die Frage: Wer traut sich das politisch durchzusetzen?"

Genau zehn Jahre ist es inzwischen schon her, dass sich der damalige Londoner Bürgermeister Ken Livingstone genau das getraut hat - und die "Congestion Charge" eingeführt hat: die "Staugebühr", wie dort die Citymaut genannt wird. "Die Medien hatten uns damals ein komplettes Desaster vorhergesagt", erinnerte sich Livingstone Mittwochabend im Wiener Konzerthaus, wohin er auf Einladung des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ) angereist war.

Der "blutige Tag" kam nicht

Allein: Der Leidensdruck war bereits sehr groß. "Die Londoner Wirtschaft hatte das vehement von uns eingefordert. Vor allem die großen Unternehmen sagten uns, es drohen Abwanderungen von Firmen, wenn wir das Verkehrsproblem nicht in den Griff bekommen." Also wurde die "Congestion Charge Zone" für die City of London, das Bankenviertel, sowie das West End eingeführt: Wer werktags zwischen 7 und 18 Uhr in diese Zone mit dem Auto einfährt, muss eine Tagesgebühr von derzeit zehn Pfund (11,90 Euro) zahlen.

Unmittelbar vor der Einführung hatte angesichts der anhaltenden Medienschelte selbst Livingstone einen "blutigen Tag" befürchtet - doch dann kam alles ganz anders: Der innerstädtische Autoverkehr ging sofort zurück - und lief flüssiger ab, die Luft wurde besser. "Aber wir hatten uns tatsächlich verkalkuliert"; lächelt Living stone. "Der Autoverkehr ging nicht wie erwartet um 20 Prozent zurück - sondern um 40 Prozent. Daher bekamen wir aber auch weniger Einnahmen als erwartet herein." Trotzdem konnte einiges Geld in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs gesteckt werden: Die Busflotte wurde von 5500 auf 8000 Fahrzeuge aufgestockt.

Schwedische Gedrängelsteuer

Dass nach Einführung einer Citymaut die Stimmung ins Positive kippt, ist kein Einzelphänomen: In Stockholm etwa wurde 2006 die "Trängselskatt" (Gedrängelsteuer) testweise eingeführt. Die Folge: 23 Prozent weniger Ein- und Ausfahrten in die Innenstadt, 13 Prozent weniger Feinstaubemissionen. Und dann wurde darüber abgestimmt: Mehr als 53 Prozent sprachen sich für eine dauerhafte Einführung aus. Die Bewohner der Vororte durften allerdings dabei nicht mitstimmen.

"Die positive Wirkung einer Citymaut ist durch die Erfahrungen in London, Stockholm, aber auch in Mailand inzwischen belegt", argumentiert Markus Gansterer vom VCÖ. "Daher sollten auch österreichische Städte so mutig sein und eine Citymaut einführen." Vor allem Wien, Graz, Linz und Salzburg seien dafür geeignet. Gerade Wien werde eine derartige Maßnahme dringend brauchen, da in den nächsten Jahren eine Bevölkerungszunahme von 200.000 Menschen und weiteren 100.000 Menschen im Umland erwartet wird. (Roman David-Freihsl , DER STANDARD, 25.1.2013)