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Aus dem Archiv: 2011 treffen AktivistInnen rund um die Gruppe Blue Diamond Society auf Premierminister Baburam Bhattarai, um weiter über das Dritte Geschlecht zu verhandeln.

Foto: reuters/NAVESH CHITRAKAR

Nepalesische BürgerInnen, die sich weder als "Mann" noch als "Frau" fühlen, haben ab sofort die Möglichkeit, ihre Identität auch offiziell eintragen zu lassen. Die Regierung in Kathmandu hat am Dienstag eine Anordnung an alle Verwaltungsstellen erteilt, offizielle Dokumente mit dem sogenannten "Dritten Geschlecht" zu versehen.

Gender in Geschlecht miteinbezogen

Das dritte Geschlecht in Nepal stellt nicht auf das biologische Geschlecht (sex) ab, sondern bezieht auch das soziale Geschlecht (gender) und Identitäten ein. Das bedeutet, dass neben Mann und Frau sehr viele Identitäten im Dritten Geschlecht Platz haben: Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle und Transidente - sie alle können, müssen aber nicht das Dritte Geschlecht angeben. In offiziellen Dokumenten wird das Dritte Geschlecht als "other" (anya) bezeichnet.

AktivistInnen jubeln

Für die AktivistInnen rund um die Organisation "Blue Diamond Society" ist das ein weiterer Erfolg. Bereits 2011 herrschte Jubel, weil die Volkszählung die Möglichkeit eines Dritten Geschlechts für die NepalesInnen bereithielt. Nepal war damit weltweit das erste Land, das neben Frau und Mann offiziell ein Drittes Geschlecht anerkannte. Nach einem wegweisenden Spruch des Höchstgerichts aus dem Jahr 2007 über umfassende Menschenrechte für alle Minderheiten hatten die Verhandlungen zwischen VertreterInnen der Regierung und lesbischen, schwulen, bisexuellen und trans*AktivistInnen begonnen.

Vorreiter*: Bishnu Adhikari

Als Vorreiter* für die offizielle Eintragung in Dokumenten kann Bishnu Adhikari bezeichnet werden. Als biologische Frau erstritt Adhikari für sich schon 2008 das Dritte Geschlecht. Zunächst wurde der behördliche Antrag auf den Eintrag abgelehnt. Daraufhin wurde Adhikari angeboten, sich als Mann im Ausweis eintragen zu lassen, weil Adhikari "männlich wirke". Adhikari lehnte das jedoch ab, worauf der Antrag genehmigt wurde.

Gezwungen, die Stadt zu verlassen

Bemerkenswert ist diese Regelung auch deshalb, weil im traditionellen Nepal Lesben, Schwule und Trans*Personen vorwiegend tabuisiert und geächtet werden. Diese Erfahrung machte auch Bishnu Adhikari: Die sexuelle Identität war der Grund warum Adhikari von NachbarInnen und Verwandten gezwungen wurde, die Heimatstadt zu verlassen. Legalisiert wurde Homosexualität in Nepal 2007, in dem Jahr also, als sich die Mehrheit der Abgeordneten gegen die Monarchie und für eine föderale demokratische Republik aussprach.

Weitere Länder jenseits von Dichotomien

Es gibt noch weitere Länder, die ähnliche Regelungen für Menschen jenseits von Mann/Frau bereithalten, aber keine davon ist so umfangreich wie jene in Nepal. Australien und Neuseeland etwa bieten im Reisepass neben "M" und "F" auch ein "X" an. Bangladesch erlaubt seinen BürgerInnen, sich als "Eunuch" registrieren zu lassen. Und in Pakistan ordnete das Höchstgericht an, eine "Third-Gender-ID-Card" zu etablieren - dieser Spruch wurde bisher aber ignoriert. (eks, dieStandard.at, 23.1.2013)