Ein steirischer Fleischhauer sieht sich in seiner Ehre verletzt, seitdem er sich in einem Youtube-Musikvideo in Dialekt-Satzfetzen imitiert sieht, ein oststeirischer Bürgermeister wiederum hat im Vorjahr per Facebook eine "Fahndung" gegen Jugendliche eingeleitet: Der Grazer Rechtswissenschafter Matthias C. Kettemann sieht in beiden Fällen keine strafbare Handlung, macht sich aber dennoch Sorgen um den Schutz der Menschenrechts auf Privatsphäre im Internet.

"Halt die Goschn"

Genauso wie ein Fleischhauer aus der Oststeiermark heißt ein Youtube-Musikvideo, in dem sich der Gewerbetreibende einer kleinen Gemeinde im Bezirk Hartberg wiedererkannt fühlt. Laut "Kleine Zeitung " verzeichne das Musikvideo mittlerweile 80.000 Klicks, in einem Radiosender werde es immer wieder gespielt, der Refrain "Halt die Goschn", der offenbar auf die Diktion des Fleischers anspielt, soll bereits als Klingelton auf vielen Smartphones zu hören sein. In urig oststeirischen Satzfetzen singt die Truppe über "saubere Rostflecken" in dessen Betrieb und Grund, für den der Fleischer "obkassiert" haben soll. Der Fleischer dementiert den Inhalt des Liedes und verlangt über seinen Anwalt die Lösung seines Names und Schmerzensgeld: Pro Klick zehn Cent, wie das Blatt zitiert. Die Band argumentiert hingegen, dass es sich um eine fiktive Figur handelt und wundert sich über das erregte Aufsehen: Dass das solche Kreise ziehe, habe man nicht erwartet.

Im aktuellen Fall sieht Matthias C. Kettemann, Spezialist für Internet-Recht an der Uni Graz, keine strafbare Handlung, wohl aber einen problematischen Verstoß gegen die Privatsphäre: "Es handelt sich offenbar um einen problematischen Eingriff in die Privatsphäre, eine klare strafbare Handlung, wie Verleumdung oder den Vorwurf einer verächtlichen Gesinnung kann ich jetzt aber auf den ersten Blick nicht ausmachen. Für Schmerzensgeld müsste wiederum eine tief gehende Verletzung der physischen oder psychischen Gesundheit vorvorliegen."

'Don't feed the Troll - den Troll nicht füttern'

Der Fleischer ist, ohne dass er selbst unbedacht mit seinen persönlichen Daten im Web umgegangen wäre, ein Internet-Opfer geworden und steht ungewollt im Rampenlicht. Den nun vom ihm gesetzten Schritt hält der Experte aber für "nicht sinnvoll": "In solchen Fällen gilt es die Eskalationsspirale zu stoppen: 'Don't feed the Troll - den Troll nicht füttern', denn sonst bekommt der Provokateur genau das, was er sich wünscht, nämlich Aufmerksamkeit". Er hätte dem Opfer geraten, mit den Video-Produzenten Kontakt aufzunehmen und sich außergerichtlich zu einigen, "damit das Ganze nicht noch an Bekanntheit gewinnt", so Kettemann.

Bei gröberen Vergehen wie zum Beispiel ungewollte Veröffentlichung von Nacktfotos rät Kettemann: "Erstens Kontakt mit dem betreibenden Server suchen, zweitens die Polizei informieren, damit diese ein Verfahren einleitet, sowie drittens die staatlichen Meldestellen und eventuell eine anwaltliche Vertretung kontaktieren."

Unwissenheit

Grundsätzlich konstatiert der Grazer Experte eine große Unwissenheit von Internet-Usern im Hinblick auf die rechtlichen Konsequenzen ihres Tuns. "Das Internet ermöglicht auch ein Verhalten, das die Menschenrechte und hier vor allem das Recht auf Privatsphäre gefährdet. Viele füttern das Internet pausenlos mit privaten oder auch nicht privaten Informationen - ohne die Konsequenzen für sich und andere zu bedenken."(APA, 23.01. 2013)