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Lange gefordert ist sie nun endlich fixiert: Die Finanztransaktionssteuer kommt zumindest für einen kleinen Kreis

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Maria Fekter hat die Einnahmen aus der Steuer schon eingeplant.

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Brüssel - Deutschland, Österreich und neun weitere EU-Staaten dürfen eine neue Steuer auf Finanztransaktionen einführen. Das beschlossen die EU-Finanzminister mit qualifizierter Mehrheit. Enthaltungen kamen von Großbritannien, Tschechien, Malta und Luxemburg. Die elf Länder wollen im Rahmen einer "verstärkten Zusammenarbeit" die Abgabe einführen. Die Möglichkeit, bei einzelnen Vorhaben in einer Gruppe von Mitgliedstaaten voranzugehen, ist ausdrücklich im EU-Vertrag verankert.

Wie die Finanzsteuer "im kleinen Kreis" genau gestaltet werden soll, ist noch nicht klar. Dazu muss die EU-Kommission einen Vorschlag machen. Nach einem älteren Entwurf der Kommission könnte der Aktien- und Anleihenhandel mit 0,1 Prozent je Transaktion besteuert werden, Derivate mit 0,01 Prozent. 2014 könnte die neue Zwangsabgabe auf Finanzgeschäfte eingeführt werden. Eine Einigung aller 27 Staaten hatte sich nach langen Debatten als unmöglich erwiesen, da insbesondere Großbritannien und Schweden blockierten.

Maria Fekter hofft auf weitere Kandidaten

Finanzministerin Maria Fekter hatte vor der Abstimmung erklärt, dass man noch nicht sagen könne, was die Finanztransaktionssteuer "unterm Strich bringt. Derzeit seien es elf Länder, inklusive Österreich, die sich beteiligen, aber es kann durchaus sein, dass sich weitere dazu bereit erklären, beispielsweise nach der jetzigen Situation die Niederlande, die bisher strikt dagegen waren". Jetzt sei mit Jeroen Dijsselbloem ein sozialdemokratischer Finanzminister da, "und der ist plötzlich dafür", so Fekter. Für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer im gesamten EU-Raum hatten Experten mit Einnahmen von 57 Milliarden Euro pro Jahr gerechnet.

Nach der Abstimmung sprach Fekter von einem "Paradigmenwechsel." Bisher sei klar, dass Steuerfragen von allen 27 Staaten gemeinsam zu regeln seien. "Entweder gemeinsam oder gar nicht". Nun habe man mit dem Lissabon-Vertrag aber ein Instrument, das eben die verstärkte Zusammenarbeit von zunächst elf Staaten inklusive Österreich ermögliche.

Obwohl noch nicht feststeht, wie viel Geld die Abgabe einmal einbringen wird, hat der Streit über ihre Verwendung bereits begonnen. So plädierte Frankreichs Präsident Francois Hollande dafür, einen Teil für den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit auszugeben. Die EU-Kommission hatte in ihrem ersten Entwurf vorgeschlagen, ihr die Einnahmen zu überlassen. Zeitweise war auch im Gespräch, der Euro-Zone mit der Steuer eine eigene finanzielle Basis zu verschaffen.

Spannende Abstimmung

Die Abstimmung selbst sei spannend gewesen, sagte Fekter nach dem EU-Finanzministerrat in Brüssel. "Schweden, Dänemark, Polen, Rumänien und Bulgarien sowie Ungarn, die sich an und für sich kritisch geäußert haben, gaben eine Erklärung ab, dass sie der Ermächtigung zur verstärkten Zusammenarbeit zustimmen." Die nichtbeteiligten Länder dürften durch die Finanztranstraktionssteuer nicht negativ beeinflusst werden. Fekter hofft, dass die EU-Kommission nun bis Sommer ein Modell vorlegen wird. Dieses Modell werde dann intensiv zu behandeln sein. Die Arbeit werde jedenfalls fortgesetzt.

Für Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist die Finanztransaktionssteuer ein "großer Erfolg". Damit könne die Steuer rechtzeitig mit 1. Jänner 2014 wirksam werden, so Faymann. Damit bleibe Österreich im Zeitplan seines Finanzrahmens. Hintergrund: Die Finanzsteuer wurde in Österreich bereits fix eingeplant und soll 500 Mio. Euro jährlich fürs Budget bringen.

Überwiegend positive Reaktionen

Auch für Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) ist der Beschluss "ein großer Durchbruch". Nun werde auch der Banken- und Finanzsektor zur Kasse gebeten, um die Folgekosten der Wirtschafts- und Finanzkrise zu bewältigen. "Das ist gerecht und fair", so Schieder. Für das BZÖ muss schleunigst an die Umsetzung gegangen werden. BZÖ-Chef Klubobmann Josef Bucher fordert aber, dass die Einnahmen nicht in Pleitestaaten und maroden Banken verschwinden, sondern dafür genutzt werden, die Beiträge der Nettozahler ins EU-Budget zu verringern.

Die Europasprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek, erklärte, die EU-Kommission müsse zügig einen detaillierten Vorschlag für die Finanztransaktionssteuer vorlegen, der eine breite Bemessungsgrundlage und eine allgemeine Anti-Missbrauchsklausel enthalte. Wichtig sei, "dass dabei keine Ausnahmen für Pensionsfonds, Investmentfonds (UCITS) oder bestimmte Marktakteure eingeräumt werden". Zudem gelte es den Druck auf die restlichen EU-Länder anhalten, dem Projekt beizutreten. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl begrüßte den EU-Finanzminister-Beschluss "als einen weiteren wichtigen Etappensieg im Hinblick auf die Bekämpfung schädlicher Spekulation". Eine Finanztransaktionssteuer habe viele positive Effekte bei nur marginalen negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen, so Leitl. "Die Transaktionssteuer ist ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der öffentlichen Haushalte und trägt außerdem dazu bei, die schädliche, kurzfristige Spekulation zu bremsen."

An der Wiener Börse hat man mit der kommenden Steuer naturgemäß keine Freude: "Eine Finanztransaktionssteuer wird die Eigenkapitalaufbringung für Unternehmen erschweren, was die Investitionstätigkeit der Unternehmen und in weiterer Folge auch das Wirtschaftswachstum drosseln kann", heißt es in einer Aussendung.

Die beiden Börse-Vorstände Birgit Kuras und Michael Buhl warnen außerdem vor unerwünschten Finanzmarkteffekten und fordern eine Besteuerung des außerbörslichen Handels. "Außerbörsliche Handelsplattformen erfüllen keine volkswirtschaftliche Aufgabe, da Börsegänge und Kapitalerhöhungen nur an geregelten Börsen möglich sind. Die FTT sollte daher als Lenkungsinstrument konzipiert sein." (APA/red, derStandard.at, 22.1.2013)