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Die Preise für Weizen und andere Nahrungsmittel sind zuletzt stark gestiegen. Investoren werden dafür verantwortlich gemacht.

Foto: apa/Carsten Rehder

Frankfurt/Wien - In die Debatte rund um Finanzgeschäfte mit Nahrungsmitteln kommt neuer Zündstoff. Der Finanzkonzern Allianz hat am Montag erklärt, dass die Politik am Zug wäre, dieses Thema zu regulieren. Die Allianz sei zum Schluss gekommen, dass ihre Investitionen an den Agrar-Terminbörsen der Landwirtschaft und der Ernährungslage weltweit nutzten und nicht zum Hunger beitrügen, sagte Vorstandsmitglied Jay Ralph.

Das Unternehmen gehört zu den größten Investoren überhaupt und ist auch an den Derivatemärkten für Rohstoffe aktiv. Mit dieser Ansage stellt sich die Allianz auf die Seite der Deutschen Bank. Deren Ko-Chef Jürgen Fitschen erklärte am Wochenende mit den gleichen Argumenten, dass sich die Bank nicht aus den Nahrungsmittel-Geschäften zurückzieht.

Die Politik müsse mit Unterstützung der Wissenschaft eine sachliche Debatte und eine neutrale Klärung der Sache ermöglichen, appellierte Allianz-Experte-Ralph an die Bundesregierung. Mit den Terminkontrakten würden Preisschwankungen geglättet, sodass die Landwirtschaft trotz schwankender Ernten mit stabileren Preisen kalkulieren könne. "Je mehr Angebot und Wettbewerb es für solche Kontrakte gibt, umso günstiger wird die Risikoprämie", sagte ein Allianz-Sprecher.

Pro und Kontra

Die deutsche Bundesregierung hält sich zurück. Eine Sprecherin von Agrarministerin Ilse Aigner verwies auf den Aktionsplan der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, der mehr Transparenz in dem Bereich fordert.

José Graziano da Silva, Chef der Welternährungsorganisation, fordert ein schärferes Vorgehen: "Ich bin für eine stärkere Regulierung, insbesondere des Derivatemarktes, der die Preise für Agrarrohstoffe extrem beeinflusst."

Wirtschaftsethiker Ingo Pies von der Universität Halle-Wittenberg hält dagegen: "Hungerkrisen sind nicht finanzwirtschaftlich verursacht, sondern haben realwirtschaftliche Ursachen." Er untersuchte 35 Arbeiten über den Einfluss von Finanzspekulationen auf die Agrarrohstoffmärkte. " Weder die Volatilität noch das Preisniveau sind durch Spekulationen signifikant gestiegen."

So seien die Spekulationen auf Weizen zwischen 2004 und 2006 massiv gestiegen. Die Preise seien aber erst zwischen 2007 und 2008 nach oben gegangen. "Die Terminmärkte waren Bote der Nachricht, dass es realwirtschaftlich knapp wird. Sie waren nicht der Verursacher", sagte Pies. (Reuters, bpf, DER STANDARD, 22.1.2013)