Grafik: Der Standard, Quelle: BMASK

Wien - Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz sind in Österreich keine Seltenheit. Mehr als 6.700 Übertretungen wurden im Jahr 2011 bei rund 12.000 Kontrollen vom Arbeitsinspektorat festgestellt. Im Vergleich zu den Jahren davor bedeutet das eine Verdoppelung, geht aus einer Anfragebeantwortung durch Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hervor. Für 2012 liegen noch keine Daten vor.

Die Zahlen kommen zu einem brisanten Zeitpunkt. Am Wochenende kündigte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) an, er wolle mit Hundstorfer über Erleichterungen für die Unternehmer im Bereich Aufzeichnungspflichten und Ruhepausen reden.

Vor allem in Oberösterreich, Mitterlehners Heimat, gab es zuletzt Beschwerden. Seine Geschäftsführer seien zu Strafzahlungen von jeweils 100.000 Euro verdonnert worden, erklärte der Geschäftsführer und Eigentümer der Welser Backwarenerzeuger Resch & Frisch in den Oberösterreichischen Nachrichten.

Wirtschaftskammer will Flexibilisierung

Die Wirtschaftskammer drängt seit Jahren auf flexiblere Modelle. Ein Grundproblem laut WKO-Mann Rolf Gleissner: Wird per Betriebsvereinbarung eine flexible Regelung festgelegt (z. B. die Mittagspause kann zwischen 12.00 und 15.00 Uhr genommen werden), müssen keine weiteren Aufzeichnungen erfolgen. Wird dasselbe per Einzelvertrag geregelt, müssen trotzdem für alle Mitarbeiter genaue Pausenaufzeichnungen geführt werden.

Dazu kommt: Die Strafen sind zwar grundsätzlich nicht extrem hoch (bei geringeren Verstößen sind es 20 bis 36 Euro, bei gröberen 72 bis 1815 Euro), sie werden aber pro Delikt und pro Mitarbeiter verhängt. Sprich: Sind die Aufzeichnungen für hunderte Mitarbeiter falsch, kann es sehr teuer werden.

Im Hundstorfer-Büro sieht man derzeit "keinen Handlungsbedarf". Der Leitende ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz meint im Standard-Gespräch, die Regelungen seien "ohnehin schon viel zu locker", die Strafhöhen seien seit Jahren nicht angepasst worden. Eine Flexibilisierung über Einzelverträge komme nicht infrage, "weil sonst der Druck auf die einzelnen Leute steigt".

Psychische Erkrankungen

Arbeitszeitverstöße seien "kein Kavaliersdelikt", sagt Achitz. Das Arbeitsinspektorat solle - wie schon 2011 - weitere Schwerpunktaktionen starten. "Wenn wir wollen, dass die Menschen länger im Erwerbsleben bleiben und psychische Erkrankungen zurückgehen, kommt der Einhaltung der Arbeitszeitgesetze eine Schlüsselrolle zu." (Günther Oswald, DER STANDARD, 22.1.2013)