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Personalmangel, nicht Sexismus, ist laut Toledano der Grund, warum so wenige Frauen in der Games-Branche arbeiten.

Für einen Sturm der Entrüstung hat Deep Silver mit der "Zombie Bait"-Sonderedition von "Dead Island Riptide" gesorgt.

Foto: Deep Silver

Gabrielle Toledano, Vizepräsidentin von Electronic Arts und Chefin der Peronalabteilung, dürfte mit ihrem jüngsten Artikel für Forbes für Gesprächsstoff sorgen.

"Es ist einfacher, Männern die Schuld zu geben"

"Wenn es um Sexismus bei Spieleherstellern geht, gibt es einen großen Graben zwischen Wahrnehmung und Realität", schreibt die Managerin. "Viele haben es wie ein Glaubensgebotakzeptiert, dass Sexismus Frauen von dieser Branche fernhält."

Als "Insiderin" findet Toledano diese Behauptung jedoch fehlgeleitet. "Es ist einfach, Männer dafür zu beschuldigen, kein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen, doch ich glaube das ist eine Ausrede", schreibt sie weiter. "Wenn wir mehr Frauen im Games-Business sehen wollen, müssen wir erkennen, dass das Problem nicht Sexismus ist."

"Sexismus ist nicht, was uns zurückhält"

Sie selbst setzt nach eigenen Angaben sehr strikte Regeln in EAs Human Resources-Abteilung durch. Mitarbeiter werden regelmäßig geschult, das Unternehmen unterstützt interne Initiativen für ein sicheres und respektvolles Miteinander am Arbeitsplatz.

"Mein Problem ist, dass die Videospielindustrie oft sexistischer dargestellt wird als andere männer-dominierten Arbeitsumfelder. Ich weiß, dass Sexismus existiert, doch das Problem gibt es nicht nur hier. Und es ist auch nicht das, was uns zurückhält", betont sie erneut.

Drei Geheimnisse

Wohl nimmt sie es als Problem wahr, dass bei EA nach wie vor zu wenige weibliche Angestellte arbeiten, die Lösung des Problems sieht sie allerdings bei den Frauen selber. Toledano offenbart "drei schmutzige Geheimnisse" über Frauen und Spiele. "Viele Frauen spielen. Die Industrie will mehr Frauen anstellen. Es gibt - noch - nicht genug weibliches Personal."

Sie fordert Frauen auf, sich einzugestehen, dass sie Gamer sind. "Egal ob auf unserem Smartphone, online, über Facebook oder auf einer Konsole". Und weiter: "Fast die Hälfte aller Spieler sind weiblich und trotzdem höre ich jede Woche, dass nur Männer sich damit beschäftigen. Das stimmt einfach nicht. Wenn ihr gerne Spiele spielt, wäre es nicht schön, sie selbst zu machen?"

Kulturwandel gefordert

Toledano nimmt aber auch die Branche in die Pflicht. Ohne Innovation ist man nicht erfolgreich, hält sie fest und folgert, dass dies nur funktioniert, wenn ein Team nicht gleichgeschalten denkt und handelt. Die Unternehmen sollten sich einer breiten Kultur öffnen und mehr auf Talentejagd gehen. Frauen wüssten immerhin, wie man Spiele macht, die für andere Frauen interessant sind - ein nicht zu unterschätzender Markt. EA hat nach Toledanos Angabe doppelt so viele weibliche Mitarbeiter wie andere Unternehmen im Schnitt, aber immer noch nicht genug.

Personalmangel

Speziell im Bereich der Technik gibt es laut der EA-Vertreterin jedoch einen eklatanten Mangel an weiblichen Fachkräften. Sie ruft dazu auf, Bildungseinrichtungen zu fördern, die gezielt versuchen, Frauen einen Karriereweg in solchen Bereichen schmackhaft zu machen. Gleichzeitig bewirbt sie die Games-Branche als spannenden Arbeitsplatz

"Keine Grenze nach oben"

"Die heutigen technischen Herausforderungen sind unerreicht und gehören, die zu lösen ist enorm erfüllend. Keine andere Industrie bringt Technologie, digitale Medien, Kunst und Design so zusammen, wie die Spieleindustrie", schwärmt die Personalverantwortliche.

"Wenn Frauen nicht in diese Branche gehen, weil sie denken, dass Sexismus sie bremsen wird, dann vergeben sie eine Chance. Wenn es um Karrieremöglichkeiten für Frauen und Männer geht, gibt es keine Grenze nach oben", sagt Toledano. Wir sind nicht nur willkommen in der Spieleindustrie, wir sind sogar nötig und wir sind gleichberechtigt."

Kritisches Echo zu erwarten

Ihre Ausführungen dürften wohl auf einige Kritik stoßen. Aktuell gibt es nur wenige namhafte Frauen in der Branche, etwa Jade Raymond, die als Schöpferin der Reihe "Assassin's Creed" gilt. Erst Ende November hatte sich Fotograf Jason Hill auf Twitter über den Status Quo beklagt: "Frauen werden in der Spieleindustrie wie Dreck behandelt", seitdem wird unter dem Hashtag #1reasonwhy die Problematik diskutiert und dokumentiert.

Aufregung um Sonderausgabe von "Dead Island"

Das Problem steckt jedoch nicht nur in der Branche, sondern auch ihren Produkten. In nicht wenigen Titeln verkommen weibliche Figuren zu knapp bekleidetem Beiwerk mit erstaunlicher Oberweite. Letzter Aufreger ist die kommende und limitierte "Zombie Bait"-Sonderedition für den Zombieshooter "Dead Island: Riptide", die mitsamt einem weiblichen, verstümmelten Plastiktorso einer Frau im Bikini ausgeliefert wird, wie sich etwa bei Polygon nachlesen lässt.

Publisher Deep Silver hat sich mittlerweile öffentlich entschuldigt. Die Spezialausgabe , die im April ausgeliefert werden soll, kann im Internet aber immer noch vorbestellt werden.

Hasstiraden gegen Anti-Sexismus-Projekt

Auch unter den Spielern selbst herrscht längst keine einträchtige Geschlechtergleichheit. Ein trauriges Beispiel geben etwa die Reaktionen auf das Projekt "Tropes vs. Women" ab, mit dem die Bloggerin Anita Sarkeesian anhand von fünf konkreten Beispielen auf sexistische und stereotypische Darstellungen von Frauen in Spielen hinweist.

Ihr auf Kickstarter von der Crowd finanziertes Projekt stieß nicht nur auf enormen Andrang von Unterstützern - statt der angestrebten 6.000 Dollar lukrierte sie rund 160.000 - sondern wurde schon im Vorfeld das Ziel zahlreicher, teils ausgesprochen extremer Anfeindungen. (gpi, derStandard.at, 21.01.2012)