Die Unterhaltung der Touristen geht vor.

-> Bilder von der Weiterreise gibt's in dieser Ansichtssache.

Foto: Peter Texer

Wehmütig und gleichzeitig erfreut verlassen wir die Insel Koh Chang. Per Fähre und anschließend mit dem Bus machen wir uns auf den Weg zurück nach Bangkok, oder wie die Thais so schön sagen "Krung Thep Mahanakhon Amon Rattanakosin Mahinthara Ayuthaya Mahadilok Phop Noppharat Ratchathani Burirom Udomratchaniwet Mahasathan Amon Piman Awatan Sathit Sakkathattiya Witsanukam Prasit".

Die Lust wieder eine Nacht in der riesigen Stadt zu verbringen ist nicht sonderlich groß und so fahren wir mit dem Zug direkt weiter nach Ayutthaya. Da wir alle schon einmal dort waren, bleibt auch die alte Hauptstadt nur eine Zwischenstation. Ziemlich interessant finde ich jedoch die Info auf Wikipedia, dass sich Ayutthaya im 14. Jahrhundert noch am Golf von Thailand befand und sich durch Sedimentbildung nun rund 100 Kilometer weiter im Landesinneren befindet.

Angetan von den Preisen der thailändischen Bundesbahn entscheiden wir uns für eine weitere Zugfahrt. Den Komfort der 1. und 2. Klasse brauchen wir natürlich nicht und besorgen uns daher Tickets für die Holz- bzw. Plastikklasse um ca. zwei Euro für die rund 300 Kilometer nach Pithsanulok, unserem nächsten Zwischenstopp auf dem Wag nach Chiang Mai. Während also die ganzen feinen Touristen in ihren angenehmen Schlafabteilen liegen und die vorbeiziehenden, scheinbar unendlichen Reisfelder in Zentralthailand aus den wohltemperierten Waggons mit geschlossenen Fenstern bestaunen, reisen wir authentisch, mit den Einheimischen und vor allem billig.

Anfangs versuchen wir, die unglaubliche Hitze und Unbequemlichkeit durch schnellen und "ausgiebigen" Bierkonsum erträglicher zu machen. Dies stellt sich jedoch später als eher kontraproduktiv heraus. Die Bierlaune hilft uns zwar über die ersten Stunden hinweg, aber nach dem Entschluss nicht weiter zu trinken, geht es nur noch bergab. Die Sitze erscheinen uns härter, die Temperatur höher, die Luft stickiger und dazu kommt jetzt noch Kopfweh und unangenehme Benommenheit. Aber nach ein paar Stunden Schlaf - die Reise dauert insgesamt ca. zehn Stunden - ist der Nachmittagskater überstanden. Bevor wir jedoch in Pithsanulok ankommen, machen wir noch Bekanntschaft mit der thailändischen Insektenwelt, die mit Einbruch der Dunkelheit annähernd geschlossen durch die offenen Waggonenden zusteigt.

Kurzaufenthalt in Pithsanulok

Wir bleiben 2 Tage in Pithsanulok, eine 75.000 Einwohner zählende Stadt in Zentralthailand, welche ihre glorreichen Zeiten - sie war einst Hauptstadt des Königreichs Ayutthaya - hinter sich hat und nun augenscheinlich das Zentrum des thailändischen Handels mit Goldschmuck ist. Da wir jedoch erst am Anfang unserer Reise stehen und nicht kiloweise Gold durch die Gegend schleppen wollen, verzichten wir auf große Einkäufe und machen uns diesmal wieder per Bus auf den Weg nach Chiang Mai.

Leider verbringe ich aufgrund einer von mir diagnostizierten Malaria die ersten Tage im Hotelzimmer. Glücklicherweise stellt sich heraus, dass es nicht die Tropenkrankheit ist, welche mich ans Bett fesselt, sondern vermutlich eine Nebenwirkung der Klimaanlage im Bus. Ich werde also nicht in einem leicht versifften Hotelzimmer verrecken und mir bleibt zumindest genug Zeit, diese wunderbare Stadt, die Rose des Nordens wie sie etwas kitschig genannt wird, mit ihren unzähligen Tempeln zu erkunden. Zufälligerweise sind wir genau zum Loy Krathong bzw. Lichterfest dort und werden somit Zeuge einer unbeschreiblichen Szenerie. Tausende kleine Heißluftballons steigen in den Nachthimmel und unzählige kleine Flöße, beladen mit Bananenblättern, Kerzen und Räucherstäbchen, treiben den Ping-Fluss hinab. Zudem gibt es einen pompösen Umzug durch die Stadt.

Vom Schlafmohn zum Touristenspektakel

Der nächste Stopp auf unserem Weg nach Laos ist Chiang Rai, ein kleines gemütliches Städtchen im äußersten Norden Thailands. Auch hier bekommen wir noch die Ausläufer des Loy Krathong zu sehen, wenn auch der dortige Umzug nur eine Miniversion von jenem in Chiang Mai darstellt. Neben den natürlichen Schönheiten der Stadt und ihrer Umgebung - sie ist umzingelt von dicht bewachsenen Bergen und mehreren Wasserfällen - hat sie auch kulturell etwas zu bieten. Neben diversen Standarttempeln, können dort auch der schwarze sowie der weiße Tempel besichtigt werden. Und zumindest letzterer hält was der Name verspricht. Der komplett in glitzerndem weiß strahlende Tempel wird von einem kleinen Flüsschen umrahmt, über welches weiße Brücken führen und in dem weiße Fische schwimmen. Das Ganze erinnert jedoch mehr an ein kitschiges Märchenschloss als an eine religiöse Kultstätte.

Aber auch das Bergstammmuseum befindet sich in der Stadt. Aufgrund der engen Verknüpfung der rund ums Goldene Dreieck ansässigen Bergstämme (Akha, Hmong, Lisu ,...) mit dem Anbau von Schlafmohn und dem daraus gewonnen Opium, wird dort auch auf die Geschichte und die Bedeutung dieses Rauschmittels eingegangen. Besonders China, Frankreich und die USA hatten Interesse am Anbau des Heroinrohstoffs und daher war der Weiterverkauf ihrer "Medizin" ein lukratives Geschäft bzw. zumeist die einzige Einnahmequelle für die Stämme. Durch das Bestreben Thailands den Schlafmohnanbau einzudämmen sowie die fortschreitende Urbanisierung, hat der thailändische Teil des Goldenen Dreiecks an Bedeutung verloren. Die Bergvölker verdienen nun ihr Geld hauptsächlich durch den Verkauf von Handarbeiten auf den Touristenmärkten, oder indem sie sich im Zuge von Trekkingtouren in ihre abgelegenen Dörfer zur "Schau" stellen und am besten noch ein wenig vortanzen. Am schlimmsten ist dies bei den Karen Padaung, welche auch unter "Langhals- oder Giraffenfrauen" bekannt sind. Laut Museum wurden die von einem innovativen Geschäftsmann von Myanmar nach Thailand gebracht und werden dort teilweise wie die Tiere im Zoo "gehalten" um uns Touristen ihre körperliche Deformation vorzuführen.

Paradies für Schmuggler

Das Grenzgebiet zwischen Thailand, Laos und Myanmar ist anscheinend auch ein Schmuggelparadies für Waren aller Art, welche von den zwei wirtschaftlich schwächeren Ländern nach Thailand eingeschleust werden. Max, ein pensionierter in Chiang Rai lebender Schweizer, erklärt uns, dass es deswegen auffallend viele Sonnenbrillengeschäfte in Chiang Rai gibt, welche zur Geldwäsche dienen sollen. Im Zuge des Gesprächs mit dem 68 jährigen werden wir, das sind Kathi, das spanisch-griechische Pärchen und ich, dann zu ihm nach Hause eingeladen. Es soll original italienische Pasta mit hausgemachten Basilikumpesto geben. Das wollen wir uns nach wochenlangem Reiskonsum natürlich nicht entgehen lassen und so machen wir uns am nächsten Tag auf die Suche nach seinem Domizil. Als wir dort ankommen, staunen wir erst mal nicht schlecht über seine Villa, die er sich mitten in Chiang Rai hat bauen lassen.

Wenn ich schriftgeführt hätte, könnte ich ohne weiteres die genauen Baukosten nennen, da er uns bei der Hausbesichtigung voller Stolz den Preis eines jeden Gegenstands nennt. Max ist von seiner ersten Ehefrau geschieden und hat sich jetzt in die 34 jährige Lumpong verliebt oder sich für sie entschieden, was weiß ich. Gemeinsam haben sie auch einen vierjährigen Sohn. Angesprochen auf die Tatsache, dass Valentino Massimo seinen Vater recht früh verlieren wird, meint er, dass das wohl so sein mag, der Junge aber dann dafür über ein großes Haus und ein recht ordentliches Vermögen verfügen wird. Seine Frau macht auf mich einen recht glücklichen Eindruck. Ob das daher rührt, dass sie die Liebe ihres Lebens gefunden hat, oder dass ihr der reiche Mann an ihrer Seite ihr Leben um einiges erleichtert, kann und will ich nicht beurteilen.

Nach einer gründlichen Hausbesichtigung, natürlich inkl. Masterbedroom, werden wir in die Gartenlaube geführt, welche bereits "dezent" weihnachtlich beleuchtet ist. Dort wird erst einmal brasilianische Musik aufgedreht und der Junge wird schreiend und voller Stolz von seinen Eltern aufgefordert zu tanzen. Dance Valentino, Dance! Aber auch Natha und Kathi kommen nicht drum herum und müssen ihre Hüften zu schwingen, während wir uns am kühlen Bier und dem hausgemachten Schweizer Trockenfleisch laben. Nach der Tanzvorstellung, den immerwährenden "Dance Valentino, dance!"-Rufen, die keinesfalls nötigend gemeint waren, und der beiläufig eingeschalteten, den kompletten Garten erhellenden Lasershow, bekommen wir dann kiloweise Pasta al Pesto zusammen mit italienischem Wein serviert. Anschließend gehen wir über zur Grappa- bzw. Schnappsverkostung, bevor wir dann eine gefühlte Ewigkeit sämtliche Fernsehkanale und Familienfotoalben vorgeführt bekommen. Nach den Hochzeitsalben schaffen wir es dann, uns zu verabschieden. Am nächsten Tag kehren wir auch Chiang Rai den Rücken und schippern über den Mekong nach Houay Xai, in die Volksrepublik Laos. (Peter Texer, derStandard.at, 24.1.2013)