Väterkarenz als Erwerb von Sozialkompetenzen - allein, es gibt ein Akzeptanzproblem.

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Im August letzten Jahres hat sich der Bürgermeister von Salzburg, Heinz Schaden, massiv um den Politikernachwuchs Politiker gesorgt, als er in den Salzburger Nachrichten meinte: "Das Personal wird nicht besser, fürchte ich. Wenn ich mir so den Nachwuchs anschaue, boah!"

Eine Aussage eines Spitzenpolitikers, die tief blicken lässt. Das Entwickeln von Nachwuchs ist eine der zentralen Führungsaufgaben in jeder Institution. Chefs, Spitzenpolitiker genauso wie Geschäftsführer von Unternehmen, sind dafür verantwortlich, dass für die zentralen Positionen die richtigen Nachwuchsführungskräfte zur Verfügung stehen. Beklagen über mangelnden Nachwuchs können sie sich in Wahrheit nur bei sich selbst.

Viele Manager tun sich extrem schwer mit dem Heranzügeln von Nachwuchs. Warum? Ist es die Angst, potenzielle Konkurrenten aufzubauen, von denen sie am Ende sogar überflügelt werden könnten? Oder davor, dass kluge Mitarbeiter schwer zu führen sind?

Weder noch. Meiner Beobachtung nach kommunizieren in vielen Unternehmen die Vorgesetzten kaum auf persönlicher Ebene mit ihren Mitarbeitern. Sie verheddern sich in der Routine des Tagesgeschäfts. Dadurch entsteht auf Dauer ein Mangel an persönlicher Wertschätzung. Doch nur wenn ich mich als Manager um meine Mitarbeiter kümmere, kenne ich auch Druckpunkte in ihrem beruflichen und persönlichen Alltag. Nur dann kann ich sie entwickeln. Auf diesem Boden kann ein sinnvoller und fruchtbarer Dialog über Aus- und Weiterbildung entstehen.

Diese Diagnose mag banal klingen, aber es ist überraschend, wie wenig viele Manager wissen, wo die ihnen Anvertrauten fachlich und persönlich stehen. Wie wollen sie sie dann weiterentwickeln?

Es geht um eine Unternehmenskultur, die Leistung einfordert, aber die Mitarbeiter ernst nimmt. Erst dann greifen die Instrumente der Personalentwicklung wie Mitarbeitergespräche oder Karriere- und Nachfolgeplanung.

Ein Schlüssel ist die Vorbildfunktion des Führenden: Wer seine Mitarbeiter in unzählige Trainings schickt und selbst nichts macht, ist unglaubwürdig. Die Ausrede des operativen Geschäfts zieht nicht, weil sie erkennen lässt, dass die Führungskraft entweder überfordert ist oder sich sowieso für den Klügsten hält, der keine Weiterbildung braucht. Beides führt zur Frage, ob die Führungskraft für die Aufgabe geeignet ist.

Nicht immer sind Ausbildungsmodule an den internationalen Universitäten nötig, wobei internationale Angebote den Zusatznutzen interkulturellen Lernens bieten.

Für die persönliche Weiterbildung gäbe es auch eine sehr einfache Alternative: Gerade männliche Mitarbeiter können sich viel Sozialkompetenz aneignen, wenn sie sich intensiv mit ihren Kindern auseinandersetzen. Einige Monate Väterkarenz könnten dem Unternehmen viel an Geld für Personalentwicklungsmaßnahmen sparen. Das Problem ist die Akzeptanz: Die Absenz für ein Modul in Harvard und jene für drei Monate Väterkarenz werden sehr unterschiedlich beurteilt, obwohl die Wirkung aus eigener Erfahrung ähnlich ist. Die Übernahme von mehr Verantwortung durch Männer in der Familie erweitert den Spielraum für die dringend notwendige Entwicklung von weiblichen Führungskräften.

Auch für die fachliche Aus- und Weiterbildung wird ein Bereich kaum genutzt: Abteilungsübergreifende Projekte, die die bestehenden Silos in Unternehmen überwinden, bieten eine effiziente Möglichkeit, das Wissen von Mitarbeitern zu erweitern. Dies ist gerade auch für KMUs eine Möglichkeit, kostengünstig Trainings durchzuführen.

Außerdem bieten sich projektmäßige Kooperationen mit externen Partnern wie Universitäten, Lieferanten und Kunden an. Die Wirtschaft von morgen wird sehr viel stärker auf Partnerschaften und Kooperationen in Netzwerken angewiesen sein als in der Vergangenheit. Permanentes Lernen wird nötig, um die Herausforderungen der sich dramatisch ändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu meistern. Dies gilt für Großkonzerne genauso wie für KMUs. Dazu kommt eine sich permanent ändernde Wirtschaft, die Brüche in den Karrieren von Managern verursacht. Karrieren verlaufen nicht mehr so geradlinig. Nur ein ständiges Weiterlernen wird sicherstellen, dass die Kompetenz von Managern erhalten bleibt.

Dazu gehört auch, sich selbst als Führungskraft immer wieder in die Position des Anfängers, des Lehrlings zu bringen; dies hilft, gut zuhören zu lernen und damit auch bessere Entscheidungen zu fällen. Die Wirtschaft von morgen braucht solche Manager.

Die, die eh schon alles wissen, haben uns in die Krise von 2008 geführt. (Werner Wutscher, ManagementStandard, 19./20.1.2013)