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Im Interview mit Oprah Winfrey beichtete Lance Armstrong seine Dopingsünden.

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Austin - Nach mehr als 13-jährigem Leugnen hat Lance Armstrong Doping unter anderem mit EPO, Eigenblut, Kortison, Testosteron und Wachstumshormonen gestanden. In dem am Donnerstag ausgestrahlten ersten Teil des TV-Interviews mit US-Talkerin Oprah Winfrey gab der 41 Jahre alte Ex-Radprofi zu, bei all seinen sieben Tour-de-France-Erfolgen zwischen 1999 und 2005 gedopt gewesen zu sein. In seinen Comeback-Jahren 2009 und 2010 habe er aber nicht zu verbotenen Mitteln gegriffen, sagte der Texaner.

Nicht ohne Kalkül

Das Dopen hatte ihm die US-Anti-Doping-Agentur (USADA) in einem Verfahren im Vorjahr nachgewiesen. Armstrong, der in seiner Karriere nichts ohne Kalkül gemacht hatte, hatte sich geweigert, sich dem Verfahren vor der USADA zu stellen, und erfolglos versucht, dieses auf gerichtlichem Weg zu verhindern. Star-Talkerin Winfrey antwortete er bereitwillig. Ohne große Emotionen schilderte Armstrong die Dopingpraktiken und nahm alle Schuld auf sich.

Anschuldigungen gegen frühere Teamchefs, Ex-Kollegen oder den Weltverband UCI gab es nicht. Im Gegenteil: Der "Boss", wie er früher genannt wurde, entschuldigte sich bei jenen Personen, die er wegen ihrer früheren Aussagen über sein Doping beschimpft und geklagt hatte, etwa seine frühere Physiotherapeutin Emma O'Reilly, und bat seine Fans um Entschuldigung. "Das eigentlich Wichtigste ist, dass ich das jetzt verstehe. Auch weil ich den Zorn in den Gesichtern der Menschen sehe, die mir geglaubt haben. Ich werde den Rest meines Lebens damit zubringen, das Vertrauen zurückzugewinnen, um Vergebung zu bitten", sagte der gefallene Rad-Held.

Sittenbild des Radsports

Was er zuvor in dem Interview ausgesagt hatte, zeichnete wohl auch das Sittenbild des Radsports zu dieser Zeit, obwohl sich Armstrong dezidiert nur auf sich selbst bezog. Doping gehörte zum Job, sagte er. "Das war wie Reifenaufpumpen oder die Flasche Auffüllen." Er wolle andere nicht beschuldigen, er habe das eben so gesehen. Es wäre ohne Doping nicht möglich gewesen, die Tour de France siebenmal zu gewinnen, betonte er.

Er habe schon Mitte der 90er-Jahre mit EPO-Doping begonnen, gab Armstrong zu - also noch vor seiner Hodenkrebs-Diagnose. Später habe er mit Eigenbluttransfusion, Kortison, Testosteron und Wachstumshormon gedopt. Auf die direkte Frage Winfreys gestand der Vater von fünf Kindern, bei allen seinen sieben Tour-Siegen von 1995 bis 2005 unerlaubte Substanzen oder Methoden verwendet zu haben.

In seinen Comeback-Jahren 2009 (Gesamt-3.) und 2010 (23.) habe er aber nicht mehr zu verbotenen Mitteln gegriffen, beteuerte Armstrong, denn da hätten sich zwei Dinge geändert: die Trainingskontrollen und der biologische Pass ("Der funktioniert wirklich").

Geständnis "zu spät"

Sein Geständnis komme zu spät, sagte Armstrong. "Ich sehe die Lage als eine große Lüge, die ich immer wiederholt habe. Die Wahrheit lautet anders als alles, was ich gesagt habe", erklärte der ruhig wirkende Ex-Champion. Er habe die (Doping-)Kultur nicht erfunden, aber auch nicht versucht, sie zu einem Ende zu bringen. "Das bereue ich, das tut mir leid", versicherte Armstrong.

Der Spezialist für die großen Rundfahrten war stets die Nummer eins in seinen Teams. Den Kämpfer kehrte Armstrong dabei nicht nur im Radsattel hervor. "Meine Mutter war eine Kämpfernatur, und ich war auch immer ein Fighter. Ich musste immer gewinnen." Wegen des unbändigen Wunsches, immer zu siegen, habe er auch die Risiken auf sich genommen. "Ich war ein arroganter Sack."

Wenn jemand in sein Terrain eingedrungen sei, habe er angegriffen. Wie jene Zeugen, die ihm schon früher Doping vorgeworfen hatten. Armstrong bestritt jedoch, jemanden unter Druck gesetzt zu haben zu dopen, wie es ihm von ehemaligen Teamkollegen vorgehalten wird.

Er habe freilich jede Menge Fehler gemacht. "Und heute zahle ich den Preis dafür, und das ist auch in Ordnung so, ich habe es verdient". Armstronggab auch zu, dass sechs seiner EPO-Tests bei der Tour de France 1999 positiv gewesen seien. "Aber das waren Nachtests, in hunderten Tests war ich nie positiv."

Weltverband verteidigt

Den Weltverband UCI nahm Armstrong vor Korruptionsvorwürfen in Schutz. Keineswegs sei ein positiver EPO-Test während der Tour de Suisse 2001 vom Weltverband verschleiert worden. Teamkollegen hatten zuvor ausgesagt, Armstrong habe im Gegenzug der UCI 125.000 Dollar gespendet. "Die Geschichte ist nicht wahr", sagte Armstrong. "Es gab keine positive Probe, keine Bestechung des Labors, kein geheimes Meeting mit dem UCI-Chef. Manche Dinge waren vielleicht dubios, aber das hier nicht."

Auch den umstrittenen und inzwischen lebenslang gesperrten Mediziner Michele Ferrari nahm er aus dem Kreis der "Bösen" aus. "Es gibt welche, die keine Schurken sind. Michele Ferrari war für mich ein guter Mann, auch heute noch."

Er habe gedacht, seine "Geschichte" würde noch lange so weiterlaufen, sagte Armstrong. Als die gerichtliche Untersuchung wegen Betrugs, Drogenhandels und Beeinflussung von Zeugen im Februar 2012 eingestellt wurde, habe er geglaubt, er sei aus dem Schneider. "Aber dann ist die USADA mit vergleichbarem Druck gekommen und hat den Zeugen Deals angeboten."

Monate nach der Verurteilung gab sich Armstrong einsichtig. Wenn er heute in dieser Situation wäre, würde er sagen, gebt mir drei Tage, ich möchte Leute anrufen, meine Familie, Freunde, Kollegen, Sponsoren, meine Stiftung. "Es hat mir an Respekt gefehlt vor den Spielregeln", bekannte Armstrong und zeigte Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der USADA. "Ich könnte vielleicht helfen, wenn ich eingeladen werde." (APA, 18.1.2013)