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Inflationsängste machen Investoren aller Branchen Lust auf solide Werte wie Acker, Wald und Jagden. Auch die Kirche mischt mit - was den Frieden zwischen ihr und Bauern regional gehörig stört.

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Brisant ist ein Mail der Erzdiözese Wien, das im Dezember an all ihre Mitarbeiter und Pfarrgemeinderäte erging.

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Wien - Höchst gereizt ist die Stimmung zwischen Österreichs Landwirten und der Kirche schon länger. Es geht um Grund und Boden, um den sich viele Bauern vom Klerus gebracht sehen. Stifte und Diözesen würden mit Investitionen in Ackerland die Preise in für Landwirte unleistbare Höhen treiben, klagt es aus ihren Reihen. Ein Vorwurf, den die katholische Kirche stets energisch zurückwies.

Nun spitzt sich der Konflikt zu. Auslöser ist ein Mail der Erzdiözese Wien, das im Dezember an all ihre Mitarbeiter und Pfarrgemeinderäte erging, auch dem Standard vorliegt und brisanten Inhalt birgt. Die Diözese bezeichnet die durchschnittlichen Preise für Agrarflächen darin als eine unverlässliche Richtschnur. Zumal "weithin übliche schwarze Zuzahlungen zum offiziellen Kaufpreis" darin nicht enthalten seien. Die Kirche jedoch könne, "weil sie über jeden Cent Rechenschaft geben muss, nichts schwarz drauflegen".

Zurückrudern

In Landwirtschaftskammer und Bauernbund gehen darob intern die Wogen hoch. Hinter der Kulisse ist von schwerer Unterstellung und Frontalangriff die Rede. Es gebe wie überall anders auch entsprechende Einzelfälle, es sei aber ein Affront, zu generalisieren.

Michael Prüller beruft sich nun auf Informationen aus der Grundverkehrskommission über das generelle Gebaren bei Käufen. Eine pauschale Praxis schwarzer Zahlungen wollte man jedoch keinem unterstellen - und entschuldige sich dafür, werde es so verstanden, sagt der Sprecher der Erzdiözese Wien. Seit der Abschaffung der Erbschaftssteuer sei das Problem zudem seltener geworden.

Knapper Kommentar des Präsidenten der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, Hermann Schultes: "Glaubt die Kirche, mit Gerüchten zu ihren Gunsten argumentieren zu können, werden wir dem nichts hinzufügen."

Investoren treiben Kosten

Österreichweit sind im Schnitt Marktkennern zufolge gut 30 Prozent der Agrarflächen nicht mehr in Hand der Landwirte. Inflationsängste machen Grund und Boden für Investoren aller Art begehrt. Jeder mit halbwegs gefülltem Sparbuch vom Apotheker bis zur Witwe kaufe Ackerland, was zu wirtschaftlich absurden Preisen führe, sagt ein Landwirt aus Niederösterreich. Mehr als 20 bis 30 Cent pro Quadratmeter seien für Betriebe wie den seinen nicht drinnen. Stiegen die Kirche oder andere kapitalstarke Investoren ins Rennen ein, schnelle der Preis um ein Drittel nach oben. "Landwirtschaftliche Betriebe, die der Markt zum Wachsen zwinge, halten da nicht mit", sagt ein anderer Betroffener und erinnert an Jagden, die im großen Stil an Industrielle gingen.

Die Kirche hatte schon immer Präferenzen für Grund und Boden und zahlt dafür deutlich über dem Marktpreis, sagt Carsten Frerk, der als Buchautor ihre Finanzierungswege durchleuchtete. Er halte es aber stark übertrieben, wenn man ihr, wie an manch Wirtshaustisch üblich, Landraub vorwerfe. Sie investiere eben in sichere Geldanlagen und wappne sich damit gegen schlechtere Zeiten.

Es sei ein regionales Phänomen, dass sich Investoren in Österreich zunehmend Land sicherten - sehr beliebt sei Wald - ohne nachhaltig an der Bewirtschaftung interessiert zu sein, klagt Schultes. "Wir haben keine Freude damit." Nachsatz: Die Kirche zähle nicht zu den Spekulanten. Er sehe künftig je- denfalls Bedarf an einem stärkeren Schutz der Pächter.

Richtlinien für den Klerus

Kritisiere die Kirche Schwarzzahlungen in der Landwirtschaft, müsse sie das belegen und aufzeigen, meint Wolfgang Pirlklhuber, Agrarsprecher der Grünen. Er fordert Leitlinien für kirchliche Aktivitäten im ländlichen Raum. Es sei legitim, wenn sich die Kirche fair in die Landwirtschaft einbringe. Große Eigentümer könnten vor Ort aber auch die Muskeln spielen lassen, etwa bei Widmungen. Das Risiko der Spekulation gehöre daher gebannt.

Die Kirche sei in dem von Inflationsangst getriebenem Markt sicher kein Spieler, sagt Prüller. Im Falle der Erzdiözese Wien gehe es nicht darum, Geld anzulegen, sondern eine bestehende Landwirtschaft abzurunden. Große Betriebe könnten dabei anders kalkulieren, was einen höheren Kaufpreis rechtfertige. Die Wiener bemühen sich seit Jahren um 17 Hektar im Raum Gänserndorf. Ein überbotener Bauer beeinsprucht den Kauf.

Dass die Kirche steuerlich stark begünstigt sei, weist Prüller zurück. Sie zahle für landwirtschaftlich genutzte Flächen genauso viel Grundsteuer wie jeder andere.

Was Bauern benachteiligt: Sie müssen die Grunderwerbssteuer fürs Vererben mitverdienen. Bei der Institution Kirche entfällt das. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 18.1.2013)