Verfassungsgerichtshofchef Gerhart Holzinger.

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Wien - Österreicher zu werden ist nicht einfach. Dafür sorgen die Tücken des Staatsbürgerschaftsgesetzes, das laut Regierung bis Mitte 2013 novelliert - und dabei zum Teil entschärft - werden soll. So haben etwa derzeit nicht alle Kinder österreichisch-ausländischer Paare von Geburt an Anrecht auf einen alpenländischen Pass, sondern nur jene, deren Eltern verheiratet sind.

Sind sie das hingegen nicht, entscheidet die Nationalität der Mutter. Das hat gravierende Nachteile für unehelich geborene Kinder österreichischer Väter: Sie müssen um Verleihung der Staatsbürgerschaft ansuchen und allen dabei geltenden Voraussetzungen Genüge tun - vom "gesicherten Lebensunterhalt" hin zur einer Mindestaufenthaltsdauer im Land.

Ab 2014 soll das nun der Vergangenheit angehören: In einem dem STANDARD vorliegenden Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof den entsprechenden Passus des Staatsbürgerschaftsgesetzes mit Fristsetzung bis 31. Dezember 2013 außer Kraft gesetzt.

Dabei berufen sich die Höchstrichter auf die Europäische Menschenrechtskonvention. Diese gebiete, uneheliche und eheliche Kinder gleich zu behandeln - und dieses Gebot habe nicht nur für einen Teil, sondern für alle unehelichen Kinder zu gelten, argumentieren sie. "Damit hat das Verfassungsgericht einer einschlägigen Entscheidung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs in Straßburg aus 2011 Rechnung getragen - eine unvermeidliche und korrekte Entscheidung", kommentiert der Verfassungsrechtler Joachim Stern.

Jedoch, so Stern: Wirklich ausgeräumt werde das Ungleichbehandlungsproblem für uneheliche Kinder nur, so die Aufhebung mit kommendem Jahr wirklich in Kraft trete - es also "innerhalb dieser im Übrigen sehr großzügig bemessenen Frist" zu keiner relativierenden Gesetzesreparatur komme.

Etwa indem bei unehelichen Kindern österreichischer Väter DNA-Tests vorgeschrieben werden, wie Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) vergangenen Herbst vorgeschlagen hat. Oder durch eine laut Stern im Höchstrichtererkenntnis anklingende Regelung, die je nach dem Alter des einzubürgernden Kindes unterscheidet.

Tatsächlich weisen die Verfassungsrichter beim Thema Alter explizit auf die Gestaltungskompetenz des Gesetzgebers hin: Ob für die Einbürgerung bei "fortgeschrittenem Lebensalter des Kindes" die gleichen Regeln gelten dürften, wie sie "allgemein für Fremde gelten", könnten sie nicht abschließend beurteilen.

Andernorts auf der Großbaustelle Staatsbürgerschaftsgesetz hat dieser Gestaltungswille üb rigens schon Wirkung gezeigt. Eine weitere, im Oktober 2011 vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Gesetzesstelle wurde bereits repariert, ohne Begut achtung und im Rahmen der Novelle des Personenstandsge setzes, wo das wohl niemand vermutet hätte.

Minimaländerung

Konkret geht es um die Bestimmung, dass eine bereits zugesicherte Einbürgerung amtlich zurückgezogen werden kann, wenn der Staatsbürgerschaftswerber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Diese reichen von gesichertem Einkommen über durchgängigen Aufenthalt bis hin zur Unbescholtenheit. Im Anlassfall hatte eine Frau Job und Auskommen verloren. Sie wurde in der Folge staatenlos.

Der Verfassungsgerichtshof hatte die Bestimmung als Ganze aufgehoben, doch seit vergangenem Montag ist sie bis auf ein Detail wieder in Kraft. "Konkret wurden alle Ausschlussgründe erneut eingeführt, vom Kriterium des gesicherten Einkommens abgesehen", sagt der Politikwissenschafter Gerd Valchars. "Ein Beschluss durch die Hintertür." (Irene Brickner, DER STANDARD, 17.1.2013)