Bild nicht mehr verfügbar.

Im Kampf um die Stimmen bei der Volksbefragung ist den Parteien und auch Bürgermeistern nicht alles erlaubt: Politische Werbung mit öffentlichen Geldern ist verboten.

Foto: ap/punz

Wien - Je näher die Volksbefragung zur Wehrpflicht rückt, desto mehr Bürgermeister ziehen für ihre Partei in die Propagandaschlacht - und manche mit "kriminellen Methoden", wie Peter Pilz anprangert.

Der Grüne schaltet nun die Korruptionsstaatsanwaltschaft ein, weil wenigstens drei Gemeindeoberhäupter in amtlichen Schreiben die Bürger aufgerufen haben, ihr Kreuz beim Erhalt der Wehrpflicht zu machen. Dazu übermittelte Pilz der Anklagebehörde Sachverhaltsdarstellungen wegen des Verdachts der Untreue und des Amtsmissbrauchs, denn: Politische Werbung mit Geld einer Gebietskörperschaft ist verboten.

Reichenauer Bürgermeister sieht kein Problem in Aufrufen

Seit 2009 hat die Korruptionsstaatsanwaltschaft etwa Landeshauptmann Gerhard Dörfler und den Abgeordneten Stefan Petzner im Visier - wegen einer aus öffentlichen Mitteln finanzierten Broschüre im Kärntner Wahlkampf. Konkret wirft Pilz den Bürgermeistern von Bezau in Vorarlberg, Ischgl in Tirol (beide von Bürgerlisten) und Altenburg in Niederösterreich (ÖVP-regiert) Aufrufe vor, die "Tiroler Tageszeitung" berichtet von ähnlichen Fällen in Reith bei Seefeld und Imst.

In Reichenau an der Rax etwa ruft die "Rathausfeder", das Amtsblatt der Gemeinde, dazu auf: "Am 20. Jänner abstimmen: Für Wehrpflicht und Zivildienst - für UNSERE Sicherheit". Hans Ledolter (ÖVP), Bürgermeister des Kurorts, nimmt den Text auf seine Kappe - und sieht kein Problem. "Ich wollte der Bevölkerung nicht verschweigen, dass wir mit dem bisherigen System gute Erfahrungen gemacht haben."

Pilz vermutet Verbindung zu ÖVP

Pilz sieht einen Konnex zur ÖVP, einerseits über "Scheinbürgerlisten", anderseits direkt zur Bundespartei. Die ÖVP müsse offenlegen, ob sie davon gewusst oder die Aktion sogar koordiniert habe.

ÖVP-General Hannes Rauch dazu: "Es weiß jeder Bürgermeister, was er zu tun hat, deswegen braucht es da gar keine Order." Zwei Bürgermeister hätten schon versichert, dass sie die Schreiben aus eigener Tasche bezahlt hätten. Rauch habe "Verständnis für alle Bürgermeister, die sich Sorgen machen, wie es mit Wehrpflicht und Zivildienst weitergeht. Aber rechtlich kann ich das nicht beurteilen, die Bürgermeister entscheiden das autonom."

Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter versichert, dass derlei Aufrufe für ein Berufsheer nicht von der Bundespartei an rote Bürgermeister herangetragen wurden: "Wir haben dazu eine andere demokratische Kultur und ein anderes Unrechtsbewusstsein als die ÖVP, die mit diesem Vorgehen das Signal setzt, es sei eh alles erlaubt." Nachsatz: "Aber für Einzelfälle kann ich nicht die Hand ins Feuer legen."

Korruptionsexperte: Verwendung öffentlicher Gelder "bedenklich"

Die ÖVP präsentiert nun ein Schreiben des SPÖ-Bürgermeisters von Olbendorf im Burgenland, auch als "Amtliche Mitteilung" verschickt. Ein direkter Aufruf, für das Berufsheer zu stimmen, findet sich darin nicht, aber jede Menge Angstmache (siehe unten "Zitiert").

Korruptionsexperte Franz Fiedler von Transparency International zu alledem: "Es ist nicht gleichgültig, mit welchem Geld solche Schreiben finanziert werden. Wenn das mit öffentlichen Geldern bezahlt wird, ist es bedenklich." Also kein Problem, wenn die Bürgermeister das selbst bezahlt haben? Fiedler dazu trocken: "Das kann man überprüfen." (Nina Weißensteiner/Irene Brickner, DER STANDARD, 17.1.2013)