Der Bericht des "Wall Street Journal" dürfte den jüngsten Einbruch der Apple-Aktie verursacht haben.

Foto: Apple

Laut einem Bericht des "Wall Street Journal" soll das iPhone merkbar an Popularität eingebüßt haben und sich aktuell deutlich schlechter verkaufen, als man bei Apple selbst angenommen hat. Dieser Artikel, der sich auf "mit der Angelegenheit vertraute Quellen" berief, bringt dem Magazin nun Kritik ein, denn der Rückgang der Bestellungen von Apple bei seinem Fertiger soll nichts mit der Beliebtheit des Smartphones zu tun haben, sondern mit anderen Ursachen zusammenhängen, wie Wired zusammenfasst.

Nichtsdestotrotz dürfte der Bericht der renommierten Zeitung hauptverantwortlich dafür sein, dass Apples Aktie am Montag drei Prozent ihres Werts und das Unternehmen damit 17 Milliarden Dollar an absolutem Wert einbüßte. Eine Woche vor Veröffentlichung der neuesten Geschäftszahlen kommt das dem Konzern natürlich unpässlich.

Saisonale Schwankungen, Kapazitätsverlagerungen

Marktbeobachter sind sich laut Wired aber einig, dass Apple in der Tat die Bestellungen neuer Displays zurückgeschraubt hat. Die Größenordnung schwankt dabei je nach erhebendem Unternehmen. IHS spricht von einem Rückgang von 19 auf zehn Millionen Einheiten, NPD schätzt wiederum, dass aktuell elf bis 14 Millionen bestellt seien.

Auch das hat wenig mit der Zugkraft zu tun. Wie der für diesen Bereich zuständige IHS-Chefanalyst Vinita Jakhanwal meint, könnte sich der Rückgang mit saisonalen Schwankungen erklären lassen. Üblicherweise werden im ersten Quartal eines Jahres weniger Geräte verkauft als im vierten, in das die Weihnachtszeit fällt. Zudem könnten andere Komponenten knapp geworden sein, so dass Apple die Produktionskapazitäten einfach auf diese verlagerte.

Volle Lager, neues iPhone

Peter Misek von Jefferies hält es wiederum für möglich, dass die Hersteller in den Feiertagen ihre Lager aufgrund der stark hochgefahrenen Produktion mit Komponenten vollgeräumt haben, weswegen nun der Bedarf an Nachschub geringer ist. Er hält es auch für denkbar, dass bei Apple bereits langsam die Produktion eines neuen iPhone, entweder der Ausgabe 5S oder einer billigeren Variante des aktuellen Geräts, anlaufen könnte.

Laut Mark Moskowitz, Analyst bei J. P. Morgan, könnten wiederum steigende Gewinnmargen verantwortlich dafür sein, dass Apple nun vorsorglich getätigte Bestellungen wieder absagt. Der aggressive Rollout - das iPhone 5 war Ende 2012 in 100 Ländern zu haben - könnte genauso ein Grund dafür sein, dass die Nachfrage etwas früher als sonst zurückgeht.

Oder doch sinkende Nachfrage?

Trotzdem deuten manche Zeichen auf eine sinkende Beliebtheit des iPhone 5 hin. Einige große US-Händler haben den Preis für das Smartphone kürzlich um 50 Dollar gesenkt. Und manche Analysten, etwa Andy Hargreaves von Pacific Crest, beharren darauf, dass das neue Apple-Telefon nicht so stark nachgefragt wird, wie man es in Cupertino gerne sehen würde.

Klarheit wird es wohl erst geben, wenn Apple am 23. Jänner seine nächsten Zahlen vorlegt. Der letzte Bericht, der auch die erste Woche des iPhone-5-Marktstarts beinhaltete, wies 26,9 Millionen verkaufte iPhones für das vierte Geschäftsquartal des Unternehmens aus, was einer Steigerung von 58 Prozent zum Vorjahr entspricht. Die Messlatte für kommende Woche liegt allerdings bei 37 Millionen Geräten, so viele Telefone konnte Apple von Oktober 2011 bis Jänner 2012 verkaufen.

Kritiker schießen sich auf "Wall Street Journal" ein

Trubel gibt es derweilen weiter um das "WSJ" und den zuständigen Redakteur Juro Osawa. Während das Medium im Artikel klar behauptet, Komponentenbestellungen würden aufgrund unerwartet niederiger Nachfrage zurückgefahren, hält Osawa seine Aussagen in einem begleitenden Video im Konjunktiv, wie Meedia berichtet. Dort heißt es nur noch, dass weniger Bestellungen ein Schwinden der Popularität bedeuten könnten, während man gleichzeitig gar nicht weiß, welche Verkaufszahlen Cupertino prognostiziert hat.

Auch die japanische "Nikkei Times", die als Erste eine Meldung zur Drosselung der Aufträge lanciert hatte und von Osawa auch als Quelle herangezogen worden war, wird kritisiert. Wirtschaftsjournalist Rocco Pendola von TheStreet.com fordert angesichts der "Farce", dass das "Wall Street Journal" angesichts der jüngsten Aktienentwicklung von Apple zur Verantwortung gezogen werden sollte. Bei Forbes wird ausführlich begründet, warum das "WSJ" mit seiner Theorie falsch liegen soll.

Aktienmanipulation vermutet

Tech-Blogger von DaringFireball, The Next Web und TechCrunch haben hingegen die Theorie aufgestellt, dass das "WSJ" und die "Nikkei Times" einem Versuch der Aktienmanipulation durch die angeblichen Apple-Insider auf den Leim gegangen sein könnten. Das wäre ein unerwarteter Patzer für ein Medium, das sich in seiner Apple-Berichterstattung bislang als sehr zuverlässig erwiesen hatte. (gpi, derStandard.at, 16.1.2013)