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Seit Wochen fordern Demonstranten den Rücktritt der unter Korruptionsvorwürfen stehenden "politischen Eliten". Vergangenen Freitag verlangten sie den Rücktritt von Premier Janša.

Foto: Reuters/Zivulovic

Ljubljana/Zagreb - "Die Regierung ist klinisch tot", titelte die Tageszeitung Delo. "Die Koalition existiert faktisch nicht mehr", sagte auch der Parteichef der Liberalen, Gregor Virant, Montagnacht, als drei von vier Junior-Koalitionspartnern den Rücktritt von Premier Janez Janša forderten: neben den Liberalen auch die Pensionistenpartei DeSUS und die Volkspartei SLS.

Der entschlossene Parlamentspräsident Virant hatte die Dinge auf die Spitze getrieben. Als die Antikorruptionsbehörde vergangene Woche kundtat, dass Janša die Herkunft von 210.000 Euro auf seinem privaten Konto trotz mehrmaligen Nachfragens nicht erklären konnte, forderte Virant sofort den Rücktritt des Premiers. Am Samstag setzte er ihm ein Ultimatum von zehn Tagen.

Mögliche Neuwahlen

Montagnacht zogen zwei weitere Koalitionspartner nach. Außenminister Karl Erjavec (DeSUS) kündigte an, die Regierung zu verlassen, sollte Janša sich weigern, zu gehen. Er sprach bereits von möglichen Neuwahlen im Mai. Offenbar glaubt er nicht, dass der für seine Hartnäckigkeit bekannte Janša tatsächlich einlenkt.

Wirtschaftsminister Radovan }erjav sagte, dass seine Volkspartei noch die Arbeitsmarktreformen im Februar durchziehen wolle. Wenn Janša dann aber noch im Amt sei, werde man ebenfalls die Koalition verlassen. Nur die kleine katholische Koalitionspartei NSi fordert nicht Janšas Rücktritt. Sie muss fürchten, bei Neuwahlen aus dem Parlament zu fliegen.

Der Mann, um den sich alles dreht, war am Dienstag auf Besuch in Baku und hüllte sich trotz seiner zerbrochenen Regierung in Schweigen, was Erjavec zu der Bemerkung veranlasste, dass Janša auch in Aserbaidschan seinen Rücktritt bekanntgeben könne.

Zurzeit ist es allerdings wahrscheinlicher, dass es zu Neuwahlen kommt, auch wenn dies für Janšas SDS nicht unbedingt von Vorteil wäre, denn laut Umfragen würde sie 30 Prozent ihrer Sitze im Parlament verlieren. Trotzdem hat Janša die volle Unterstützung seiner Partei. Vier seiner Minister bekundeten in einem offenen Brief ihre Loyalität. Und Arbeitsminister Andrej Vizjak, der als möglicher Nachfolger Janšas gehandelt wurde, tat dies als "Scien ce Fiction" ab. Das alles zeige, wie wenig demokratisch die SDS geführt sei, meint der Politologe Marko Lovec.

Drei Szenarien

Lovec hält drei Szenarien für möglich: eine Vertrauensabstimmung, einen Vorschlag von Abgeordneten für einen neuen Premier oder eben Neuwahlen. Janša, der 2007 eine Vertrauensabstimmung gewann, könnte dies wieder versuchen und auf mögliche Opportunisten im Parlament setzen.

Andere, neue Mehrheiten im 90 Sitze zählenden Parlament sind unwahrscheinlich. Denn die Linke würde nicht mit Janša koalieren, und die stärkste Partei, Positives Slowenien, ist in Verruf geraten, weil ihr Chef Zoran Jankovic ebenfalls unter Korruptionsverdacht steht. Er hat am Samstag zwar seine Position als Parteichef "eingefroren", als Bürgermeister von Ljubljana ist er allerdings nicht zurückgetreten. Jankovic muss Neuwahlen fürchten.

Auch Präsident Borut Pahor ist dagegen. Neuwahlen würden "den Motor der slowenischen Reformaktivitäten, der gerade erst warmgelaufen ist, wieder paralysieren", sagte er, obwohl seine Sozialdemokraten am ehesten gewinnen würden. Der liberale Finanzminister Janez Šušteršic glaubt hingegen nicht mehr daran, dass diese Regierung noch eine Chance hat: "Wenn Ihre Frau sagt, dass sie sich scheiden lassen will, würden Sie es für richtig halten, wenn sie noch immer Ihr Mittagessen kocht?" (Adelheid Wölfl /DER STANDARD, 16.1.2013)