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Verlockende Angebote funktionieren immer wieder. Manch einer tappt in die Falle und zahlt hohes Lehrgeld.

Foto: AP/Rietschel

Helmut Greindl (Name von der Redaktion geändert) ereilte im März 2008 ein zunächst recht harmloser Anruf. Eine Dame aus London habe sehr höflich gefragt, "ob Sie meinen Namen zu Börsenhändlern weiterleiten dürfte, die Zugang zu sehr interessanten Investments haben". Dagegen hatte der Oberösterreicher nichts. Ende März erhielt er von der Firma Fosse Financial in Rom Aktien-Empfehlungen und die nötigen Formulare, um in das vermeintlich lukrative Geschäft einzusteigen.

Nahezu 110.000 Dollar hat Greindl in der Folge investiert. Zu verlockend war der in Aussicht gestellte Ertrag: Zunächst einmal fast das Vierfache des Einsatzes. Anfang Juni sollte das Geld sprudeln. Die im ersten Schritt erworbenen Aktien wurden im Mai selben Jahres verkauft und in ein anderes Unternehmen investiert - mit Gewinn. Helmut Greindl nahm weiteres Geld in die Hand, "um den Kauf eines Aktienblockes zu finalisieren." Ende des Jahres sollte der Unternehmer so ein noch erklecklicheres Sümmchen verdient haben. Was er übersehen hat: Anfang April gab es eine Warnung der heimischen Finanzmarktaufsicht: Fosse Financial habe keine FMA-Konzession zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen. Dem Unternehmen sei daher weder die Anlageberatung noch die Portfolioverwaltung in dieser Form gestattet.

Offene Ohren für finanzielle Versprechungen

Während zu dieser Zeit so mancher Experte den Hype auf dem US-Immobilienmarkt und die gigantische Schuldenblase bereits als drohende Gefahr identifizierte, herrschte beim Durchschnittsbürger noch weitgehend Goldgräberstimmung. Lehman Brothers war noch nicht pleite gegangen, der größte Bankenzusammenbruch der Geschichte stand erst bevor. In Österreich hatten neben Helmut Greindl auch andere potenzielle Investoren offene Ohren für finanzielle Versprechen und das nötige Kleingeld, um in erhoffte ertragreiche Geschäfte einzusteigen.

Marcel Paul (Name von der Redaktion geändert) wurde ebenfalls via Telefon von einem Anbieter mit Sitz in Rom kontaktiert. Zahlreiche Analysen (gefälscht, wie sich im Nachhinein herausstellte) und einige Telefonate später war er vom segensreichen Wirken einer Öl- und Gasfirma - das unmittelbar in einem Kurssprung enden würde - überzeugt. Im Juni wurden Aktien im großen Stil erworben. Es folgten wechselnde Gesprächspartner und eine Firmenübernahme. Mittlerweile ist Paul Kunde von Kimura Financial aus Japan (auch vor dieser Firma hat die FMA 2008 gewarnt). Bei 23.000 Euro lag sein Einsatz - die Gegenleistung beschränkte sich auf Wertpapierbestätigungen.

Paul und Greindl sind übrigens keineswegs Einzelfälle. Greindl hat sich 2008 auf die Suche nach Leidensgenossen gemacht und ist auch fündig geworden. "Wir haben eine Gruppe österreichischer Opfer gebildet und damals gemeinsam den Fall bei der Polizei zur Anzeige gebracht - bis dato allerdings ohne sichtbaren Erfolg." Allen ist gemein, dass das eingesetzte Geld verschollen bleibt, Versuche, aus den Geschäften auszusteigen gescheitert sind. "Die Betrüger sind heute noch aktiv. Wir werden noch immer kontaktiert und gefragt, ob wir eine 'Lösung' unserer Probleme haben wollen", betont Betrugsopfer Helmut Greindl. Die Masche bleibe die alte: "Wir müssen dazu nur eine Summe von xxx zusätzlich investieren, und dann ist alles okay ..."

Klangvolle Namen und professioneller Webauftritt

Österreich ist nicht das alleinige Ziel der Zockerfirmen. Klangvolle Namen und überzeugende Webseiten gaukeln den Opfern auch in anderen Ländern Seriosität vor. Sie heißen "Kimura Financial", "Fosse Financial", "Rosenthal & Goldberg Associates", "Sandford Hale & Co.", Sternwood Business Services", "Longfield Merger and Acquisitions Group" - oder es wird eine US-Regierungsstelle erfunden, die es gar nicht gibt, wie die "United States Regulators and Administration Commission". Das Schweizer Verbraucherschutz-Magazin "K-Tipp" hat zahlreiche Firmen auf eine Warnliste gesetzt.

Deutsche Kunden von "Kimura Financial" bekamen ebenfalls im Herbst 2011 von verschiedenen Firmen Anrufe, wie das Handelsblatt berichtete. Jedes Mal wird den Geschädigten angeboten, das Geld aus den Investments zurückzuholen.

"Ich bin der Meinung, dass es hierbei um systematischen Betrug geht, wahrscheinlich um den größten Finanzbetrug aller Zeiten und um organisierte Kriminalität", meint der Züricher Wirtschaftsanwalt Daniel Fischer im Gespräch mit derStandard.at. Er ortet die Drahtzieher in den USA und in Asien. Die Masche "ein Opfer, mehrmals Betrug" würden Experten "recovery room operation" nennen. Kimura ist Fischers Ansicht nach die größte Organisation. Der Jurist hält in Europa eine Schadenssumme von einer halben Milliarde Euro für möglich.

Opfer seien nicht nur in Deutschland, Österreich und in der Schweiz zu finden, auch der skandinavische Raum, etwa Schweden und Norwegen seien davon betroffen. Die Frage, warum so viele Menschen auf die Masche hereinfallen, beantwortet Fischer so: "Man hat es mit hochqualifizierten Verkäufern zu tun. Die sind für jede Situation geschult". Auf dem Schweizer Juristen ruht jetzt auch die Hoffnung der Abzockopfer. Fischer sammelt Fälle, um eine Sammelklage anzustrengen. (Regina Bruckner, derStandard.at, 16.1.2013)