Ernst Strasser, eine Karriere: aufgewachsen am Bauernhof, junger "Rebell" in der ÖVP, Talentbeweise in der Machtschule Erwin Pröll, junger Innenminister in der schwarz-blauen "Reform"-Regierung. Nach vier Jahren plötzlicher, immer noch unerklärlicher Rücktritt. Die Macht ist weg, jetzt wenigstens aus dem Politikerwissen und -einfluss Geld machen. Im Europaparlament damit aufgeflogen.

Absturz.

Vier Jahre unbedingt - das ist ein nahezu sicheres Ticket fürs Gefängnis, auch wenn die nächste Instanz die Strafe herabsetzt. Strasser ist der erste Spitzenpolitiker, der exemplarisch für das Ausufern der Korruption bestraft wird. Richter Georg Olschak sagte: "Korruption oder Freunderlwirtschaft ist keine Neuerscheinung. Was neu ist, ist diese Offenkundigkeit, diese unverschämte Offenheit, mit der sie praktiziert wird. Und es hat in der Zweiten Republik wenige Menschen gegeben, die dem Ansehen so viel Schaden zugefügt haben wie Sie."

Der Richter hielt es für richtig, in der Urteilsbegründung das Englisch Strassers zu verhöhnen ("Da kann man nur mit Ihren Worten sprechen: I find this very discrete."). Aber umgekehrt hat Strasser mit seiner Agentengeschichte die gesamte Öffentlichkeit verhöhnt.

Strasser war Teil der "Alles geht"-Atmosphäre ab 2000. Er war nicht der Einzige, und er sollte nicht der Einzige bleiben, der vor Gericht kommt. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 15.1.2013)