Wien - Dramatischer Auftritt von Ernst Strassers Lebensgefährtin am siebenten Prozesstag gegen den ehemaligen Innenminister: In allen Farben schildert Elisabeth K., wie "der Ernst" ihr im Juli 2010 "am Küchentisch" erzählt habe, dass zwei Scheinlobbyisten an ihn herangetreten seien, deren Firma offiziell nirgendwo aufscheint. Für Strasser wie K. war damals schnell klar, dass das Geheimdienstler sein müssen. Denn all die seltsamen Vorgänge in letzter Zeit könnten ja kein Zufall sein.

Wie berichtet, haben einst als Lobbyisten getarnte Journalisten der Sunday Times Strasser Geld für Gesetzesänderungen angeboten, seit Verhandlungsbeginn Ende November versichert Strasser nun im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts, dass er sich nicht bestechen lassen, sondern die Agenten enttarnen wollte.

In aufgeregtem Tonfall holt Strassers Freundin aus, was alles für ihren Verdacht gesprochen habe: Im Büro sei kurz zuvor eingebrochen und ein Laptop gestohlen worden. Dazu wären zwei Verfassungsdienstler an sie herangetreten und hätten mit ihr ein "Sensibilisierungsgespräch" geführt, heißt: Sie haben ihr bedeutet, dass bei ihren Auslandsreisen mit Strasser eventuell der eine oder andere Geheimdienst auf sie zukommen könnte.

An besagtem Küchentisch habe der ehemalige Innenminister K. jedenfalls erklärt, dass er sich wegen seiner früheren Erfahrungen schlecht an die Leute vom Verfassungsschutz wenden könne - und ihr darum in Bezug auf die Lobbyisten angekündigt habe: "Ich brauch' hieb- und stichfeste Beweise - diese Schweine hol' ich mir!"

Vorsitzender Georg Olschak und Anklägerin Alexandra Maruna verfolgen die lange Erzählung mit skeptischen Mienen. Beide wollen wissen, warum K. denn ihrem Lebensgefährten nicht geraten habe, die Finger von Verhandlungen mit diesen Leuten zu lassen. "Tschuldigung, aber mein Partner ist der ehemalige erste Polizist der Republik gewesen!", bricht es aus ihr heraus: "Ich dachte: Der weiß schon, was er tut!"

Immer wieder versichert die Frau, dass ihr all das ziemlich Angst gemacht habe - und auch noch einen anderen Zeugen kann Strasser aufbieten, der seinen vormaligen Geheimdienstlerverdacht untermauert: Sein Geschäftspartner Thomas H. hat auf Strassers Bitte hin im Sommer 2010 die Scheinfirma der Lobbyisten durchleuchtet. "Das Ergebnis war, dass es diese Firma nicht gibt. Das war mir nicht ganz koscher", erzählt H. Das habe er Strasser auch gesagt, dann aber nichts mehr in der Sache gehört. Im Herbst 2010 erstellte H. für den Exminister dann einen Kostenvoranschlag, was eine Überprüfung des Strasser-Büros auf Wanzen kosten würde. Dessen geäußerter Verdacht: Ein Geheimdienst sei hinter ihm her.

Das Abhören spielt am Freitag auch bei einer weiteren Zeugin eine Rolle. Daniela K. war eine Assistentin Strassers und hat bereits einmal ausgesagt. Damals schilderte sie, dass ihr Chef einmal im Vorbeigehen die Botschaft "Wir werden vielleicht abgehört" auf einen Block gekritzelt hat. Was ihr "fast paranoid" vorkam.

Ihr Problem: Sie sagte damals auch aus, mit Strasser nach Auffliegen der Affäre keinen Kontakt mehr gehabt zu haben. Blöd nur, dass die Polizei Strassers Telefonate abgehört hat. Und es in elf Tagen neun Gespräche und zwölf SMS zwischen Strasser und K. gegeben hat. Auch persönliche Treffen streitet sie auf Olschaks Nachfrage zunächst ab - um dann zugeben zu müssen, dass es die doch gegeben hat. Es sei aber nie um die aktuelle Causa gegangen, und sie sei dabei auch nicht beeinflusst worden, beteuert die Zeugin.

Die Abhörprotokolle bringen wiederum Strassers Anwalt Thomas Kralik auf. " Das ist ein Wahnsinn! Es gibt davon keine Abschriften, vielleicht sind da auch Dinge drinnen, die entlastend sind", verlangt er die Verschriftung aller Gespräche.

Olschak will darüber bis Montag entscheiden, wenn auch die beiden britischen Journalisten per Video aussagen sollen. Ob da auch das Urteil fällt, ist noch offen.(Michael Möseneder, Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 12./13.1.2013)